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Eine Ode an das PMS

„Hast du heute etwa deine Tage“? Wie diese Frage mich damals aufgeregt hat. Ich habe mich ertappt gefühlt und beschämt. Als wäre es eine angeborene Schwäche, die in unserer Leistungsgesellschaft keinen Platz hat. Überraschenderweise waren es nicht nur manche Männer, die verständnislos gegenüber meinen Stimmungsschwankungen reagierten. Viel öfter kam das Kopfschütteln aus den eigenen Reihen; Frauen, die mit aufgerissenen Augen entgegnen: „Das kannst du doch nicht laut sagen, dann nimmt dich doch keiner Ernst! Tolle Ausrede!“  Ähm.. hallo? Jeder Mensch, auch Männer, haben einen Zyklus (1). Und nur, weil unsere Umgebung starr und negativ auf Wandel reagiert, heißt das noch lange nicht, dass wir uns unsere zyklische Natur ausreden müssen.

 

Ich habe mich dazu entschieden eher „positiv“ über das prämenstruelle Syndrom (PMS) zu schreiben, weil ich feststellen musste, dass man dankbar sein kann für seinen Zyklus und das Bewusstsein, dass man überhaupt einen besitzt. Viele Frauen in meiner Umgebung unterdrücken ihre natürliche Periode mittels hormoneller Verhütungsmethoden, bei manchen bleibt die Mensis – aus unerfindlichen Gründen – komplett aus oder sie haben die immer wiederkehrende Leidensphasen noch nicht mit dem monatlichen Springen ihres Eis in Verbindung gebracht. Natürlich gibt es auch viele Frauen, die einen funktionierenden Zyklus haben, aber nicht an PMS leiden. Was der Unterschied ist, darüber streitet sich die Wissenschaft.


Ich für meinen Teil habe einfach keine Lust mehr mich für die biologischen Wunder – was der Eisprung und das Abstoßen der Gebärmutterschleimhaut im Endeffekt sind – zu schämen. Klar, ich fühle mich in dieser Zeit dick, schwach, fettig, ungeliebt, fehlerhaft und weinerlich. Und daran werde ich leider nicht viel ändern können. Was ich allerdings ändern kann, ist die Beurteilung der Situation und mein Umgang mit mir und meinem Körper!

Und was hilft mir in dieser Zeit?

Zuerst einmal habe ich mich davon verabschiedet, dieses „Problem PMS“ irgendwann zu 100% unter Kontrolle bringen zu können. Denn genau da beißt sich die Katze in den Schwanz. Kontrolle habe ich in dieser Zeit keine und das macht mir Angst und erhöht die innere Unruhe noch mehr! Kontrolle haben jetzt meine Hormone, mein Körper und das ist ok. Ich habe mich davon befreit, dass ich zu jeder Zeit immer gleich sein muss: gleich glücklich sein, gleich auf Situationen reagieren und gleich im Job/Privatleben performen muss. 

Das hat mich – so simpel das auch klingen mag – extrem erleichtert. Mir zu erlauben auch mal ambivalent zu sein. Es ist ok, wenn ich – trotz teuren Abos – für eine Woche weder klettern, noch bouldern oder zu Karate gehe. Es ist ok, wenn ich stattdessen zu meiner Akupunkteurin gehe oder mir eine Massage genehmige, fünf Tüten Chips in mich reinstopfe oder meine Familie und Freunde für ein paar Tage ghoste

Denn es muss mir gut gehen! Wenn ich mich nicht um mich kümmere, wer dann? 

Ich empfinde es auch (manchmal) als Wohltat meine aggressive Grundstimmung gerade dann richtig auszunutzen und meinen Chef anzupöbeln. Ich brauche deshalb keinen Aggressionsbewältigungskurs. Ich sehe das eher so, dass in der Zeit meine Aggression über mein Harmoniebedürfnis siegt und Dinge angesprochen werden, die es zu klären gibt und wozu mir in den drei anderen Wochen der Mut fehlt.

Nun habe ich „leichter“ reden. Ich habe weder eine eigene Familie noch Kinder, die bekanntlich nicht so positiv auf ambivalente Eltern/Umfeld reagieren. Ich habe die Freiheit, komplett nur mir zu zuhören. Deshalb möchte ich euch hier nun ein paar – basierend auf eigener Erfahrung, teilweise unterstützt durch wissenschaftliche Studien (siehe Anhang) – Tipps vorstellen, die einem helfen können, nicht komplett von der Welle namens PMS davorgespühlt zu werden.

Frauenmantel-alchemilla
Ausgewählte Tipps und Tricks aus der Wissenschaft und aus persönlicher Erfahrung:

Zu Beginn muss selbstverständlich durch den/die Frauenarzt/-ärztin abgeklärt werden, dass physisch alles in Ordnung ist. Auch ist wichtig, sich professionelle Hilfe zu suchen, wenn depressive Verstimmungen länger anhalten, der Leidensdruck zu hoch ist und aus dem PMS ein prämenstruelles dysphorisches Syndrom (PMDS) wurde.

Dann gibt es natürlich die allseits bekannten Tipps, auf die ich nicht weiter eingehen möchte:

Weniger rauchen, kein Alkohol oder Kaffee, Dysstress vermeiden und keine Schokolade, hormonelle Verhütungsmethoden und andere (apothekenpflichte) Medikamente gegen Brustspannen, Wassereinlagerungen oder Schlafprobleme. Auch können Antidepressiva in vielen Fällen Hilfe verschaffen (2). 

Aus der Natur

  1. Vitex agnus castus (Mönchpfeffer) ist ein effektives und gut verträgliches Mittel und sorgt nachweislich für Linderung der mentalen und körperlichen Leiden (3,4). 
  2. Zyklustees aus Himbeerblättern, Brennessel, Birne, Rosmarin oder Frauenmantel sollen einigen Frauen helfen, wissenschaftlich bewiesen ist es allerdings nicht direkt (5).  
  3. Das neue Hype-Allheilmittel Cannabidiol (CBD) wird auf einigen Blogs als hilfreich angepriesen mit dem Querverweis, dass es bei Depression und Epilepsie in der psychiatrischen Forschung angewendet wird und funktioniert (6). Stimmt! Allerdings in so hohen Dosen, dass Frau in einem Zyklus circa 1600 € ausgeben müsste. 
  4. Mein ABSOLUTER Geheimtipp! Wirklich das einzige, was mir bisher merklich half, sind die Alchemilla (Frauenmantel) Tropfen von der Firma CERES. Schweineteuer, aber hilfreich. Nach einem Monat hat sich mein Schweizer-Uhrwerk-gleicher Zyklus um 9 Tage verschoben und ich bin ruhiger, weniger panisch, entspannter mit der Situation und habe weniger Ängste. Ich kann jedem nur ans Herz legen, die mal für ein paar Monate zu testen (15-20 Tropfen/Tag in ein Glas Wasser). Da es sich hier um Homöopathie handelt, kann ich keine Studie verlinken. Mir hilft es und empfohlen hat es mir meine Gynäkologin. 

Wie auch bei CBD ist es unwichtig, was der Masse hilft und ob sich die Effekte empirisch testen lassen. Wichtig ist, was einem selbst hilft. 

Körper und Seele

  1. Ein weiteres Hype-Allheilmittel: die Meditation. Ich meditiere seit mehr als einem Jahr fast täglich, mal mit der App Calm, mal Zen-mäßig in Stille. Ich merke keinen direkten Effekt auf mein PMS, allerdings fühl ich mich rundum wohler in meiner Haut, bin geduldiger und kann beschissene Situationen besser annehmen. Alles Skills, die in der PMS Woche von Vorteil sind. 
  2. Durch intensive Forschung belegt ist der Einfluss von Spurenelementen wie Magnesium, Calcium oder Eisen auf das Wohlbefinden vor der Periode (7). Krämpfe verschwanden bei mir fast völlig, nachdem ich begann täglich Eisen (20mg/Tag), Vitamin B12 (1mg/Tag) und Omega-3 (Leinöl: 2 EL/täglich) zu mir zu nehmen. 

Was die oben genannten Tipps leider alle gemein haben, ist, dass eine Wirkung nicht über Nacht eintritt. Mindestens zwei Zyklen sollte man testen, ob eine Besserung eintritt. Man muss sich leider Zeit lassen, einiges austesten und sich mit sich selbst beschäftigen wollen. Das ist anstrengend, aber man lernt so viel über den Menschen, mit dem man schließlich so lange Zeit verbringt – mit sich selbst. 

Eure Annabel

(1) „Testosterone, aging, and the mind“, Harvard Men’s Health Watch (2008)
(2) Was hilft beim prämenstruellen Syndrom, Apothekenumschau (2020)
(3) „Treatment for the premenstrual syndrome with agnus castus fruit extract: prospective, randomized, placebo controlled study“, Schellenberg (2001)
(4) „A molecular docking study of phytochemical estrogen mimics from dietary herbal supplements“, Powers et al. (2015)
(5) Lexikon der Frauenkräuter, Madejsk (2008)
(6) „Translational Investigation of the Therapeutic Potential of Cannabidiol (CBD): Toward a New Age“, Crippa et al. (2018)
(7) „A systematic review of the role of vitamin D and calcium in premenstrual synstrome“, Abdi et al. (2019)