Der Darm als Schlüssel zum Glück – Gesundheit und Entspannung in der kalten Jahreszeit

Veröffentlicht

06. Dezember 2022

Text 

Anika Jessen

Foto | kristina kast

Der Darm kann so einiges; unter anderem kann er Dich glücklich, gesund und entspannt durch die dunkle Jahreszeit bringen. Warum der Darm so eine große Rolle für dein Wohlbefinden spielt und was du tun kannst, damit er seine Sache gut macht, verrät Dir Anika Jessen in diesem Artikel.

Anika Jessen ist die Gründerin von achtmeter – eine Lernplattform, die dich auf deinem Weg zu einer gesunden Verdauung begleitet. Meine Arbeit fußt in der Grundüberzeugung, dass Gesundsein erlernbar ist – für jede:n von uns. Wenn du Lust hast, mehr darüber zu lernen, wie du deine inneren Organe massieren kannst oder wie du den Atem, deine Selbstreflexionsfähigkeit und den Tanz nutzen kannst, um deine Verdauung zu verbessern, schau doch mal vorbei.

Nach fast 10 Jahren Odyssee mit meinem eigenen Darm kam ein Moment, der rückblickend alles veränderte. Nach einer Woche Krankenhausaufenthalt stand ich im Regen an der Bushaltestelle des Krankenhauses und dachte: ich bin allein. Niemensch wird kommen und mich retten. Wenn ich meinen Reizdarm loswerden möchte, muss ich meine eigene Retterin werden!

Darm allmächtig

Der Darm ist bis zu 8 Meter lang, hat ausgebreitet eine Fläche von bis zu 2000 Quadratmetern und beherbergt mehr Mikroorganismen als wir menschliche
Zellen im ganzen Körper haben. Er hat sein eigenes Hirn – das sogenannte Bauchhirn – bildet unsere Immunzellen aus und sorgt für die Ausschüttung zahlreicher Hormone. Kein Wunder also, dass der Darm in ständigem Austausch mit einem Großteil unserer Körpersysteme und Organe steht. Zum Hirn hat er sogar eine direkte Verbindung über den Vagusnerv. Speed
Dial sozusagen!

Ohne Erkältung durch den Winter

So schön verschneite Wintertage mit klarem, blauem Himmel auch sein können, so sehr kann die fehlende Sonne und die Kälte auch eine Belastung für unseren Körper sein. Ohne ständige Erkältungen und Wehwehchen durch den Winter zu kommen, ist deshalb für viele von uns gar nicht so leicht!

Die Gesundheit des Darms spielt dabei eine maßgebliche Rolle. Er bildet nicht nur unsere Immunzellen aus, sondern beherbergt auch rund 80 Prozent unseres Immunsystems. Ist der Darm also nicht fit, kann auch das Immunsystem nicht gut funktionieren. Zwei der häufigsten Gründe für einen geschwächten Darm sind eine schlechte Besiedlung und Entzündungen im Darm.

Die Mikroorganismen im Darm, das sogenannte Mikrobiom, spielt eine Rolle bei zahllosen Prozessen: Aufspaltung und Aufnahme von Nährstoffen und Produktion von Hormonen und Botenstoffen, um nur einige Beispiele zu nennen. Wenn der Darm dünn oder mit den falschen Bakterienstämmen besiedelt ist, können diese Prozesse nicht richtig ablaufen und führen langfristig zu allerlei gesundheitlichen Problemen. Die gute Nachricht ist: Du kannst deine Besiedlung durch deinen Lebensstil wesentlich beeinflussen!

Auch Entzündungen im Darm können durch zu viel Stress, eine darmunfreundliche Ernährung und weitere Faktoren, die wir selbst in der Hand haben, entstehen. Entzündungen im Darm sind wahre Energiefresser und gehen nicht selten mit einer erhöhten Durchlässigkeit der Darmwände einher. Ist der Darm erst einmal geschwächt, gelangen viel eher Gifte oder Bakterien in die Blutbahn und machen uns krank. Wie genau du deine Besiedlung fördern und Entzündungen vorbeugen kannst, erfährst du am Ende des Artikels.

Ciao Winterblues

Die Kälte und das fehlende Sonnenlicht im Winter können nicht nur zu Erkältungen, sondern auch zu depressiven Verstimmungen führen. Auch daran hat der Darm einen Löwenanteil. Ist dir schon einmal aufgefallen, dass eine richtige Magen-Darm-Grippe mit Niedergeschlagenheit einhergeht? Wenn der Darm krank und wehrlos ist, sorgt er gemeinsam mit dem Hirn für eine depressive Verstimmung. So vermeidet er unnötige Kontakte zu Quellen von Krankheitserregern, wie z.B. andere Menschen. Immer mehr Studien der letzten Jahre zeigen, wie eng unsere mentale Gesundheit mit unserer Darmgesundheit zusammenhängt. Menschen mit einem Reizdarm erkranken schneller an Depressionen, Entzündungen im Darm gehen mit gesteigerten Ängsten einher und bestimmte Bakterienstämme werden in engem Zusammenhang mit Demenz betrachtet. Wenn du dieses Jahr also mit guter Laune in das neue Jahr starten möchtest, ist der Darm dein bester Freund!

Mit viel Ruhe durch die dunkle Jahreszeit

Wenn du dir wünschst, mit viel Energie für dich selbst und deine Liebsten in die Weihnachtspause zu starten und deine Ziele für 2022 mit viel Schwung anzugehen, führt auch hier kein Weg an deinem Darm vorbei. Paradoxerweise braucht es dafür vor allem eines: Entspannung. Zusammen mit den gedanklichen Vorgängen im Hirn und der Bewegung unseres Muskelapparats macht unsere Verdauung einen großen Teil unseres Kalorienbedarf aus. Das Suppenkoma und der Verdauungsschlaf haben also ihre volle Berechtigung. Ein gesunder Darm verbraucht schon bis zu 20 Prozent eines Lebensmittels bei der Verdauung. Ein kranker Darm ist allerdings wahrhaft ein schwarzes Loch für deine Energie!

Studien zeigen, dass Schlafprobleme, dauerhafte Erschöpfung und eingeschränkte Gedächtnisleistungen alle durch eine Verbesserung der Darmgesundheit verschwinden können. Auch hier sind Besiedlung und Entzündung zwei Hauptfaktoren. Während wir im Sommer »all out and about« sind, geht es im Winter um Rückzug. Die Kälte draußen lädt zur Innenschau ein und genauso wie der Kontakt und die Sonne, ist auch die Ruhe und Langsamkeit entscheidend für den Darm. Unser Parasympathikus, auch der sogenannte Entspannungsnerv, sorgt für die Produktion von mehr Speichel und Magensäure, regt die Produktion der Gallensäure an und bringt die Darmbewegung (Peristaltik) in Schwung. Viele gute Gründe, die winterliche Einladung zum Entspannen anzunehmen.

„Während wir im Sommer ›all out & about‹ sind, geht es im Winter um Rückzug.“ – Anika Jessen

Tipps für die dunkle Jahreszeit

Tipp 1: Ab in die Natur
Studien zeigen, dass Menschen, die viel Zeit in der Natur verbringen, eine deutlich bessere Darmbesiedlung haben. Im Wald gelangen Bakterien beispielsweise aus dem Waldboden in die Luft und können so von dir eingeatmet werden.

Tipp 2: Soziale Kontakte pflegen
Die Anzahl guter Bakterien im Darm steigt fast 1:1 mit dem Kontakt zu Tieren und Menschen. Studien zeigen inzwischen, dass unsere Darmbesiedlung nach einiger Zeit der unserer Mitbewohner:innen gleicht. Mein Tipp: ab jetzt vor dem ersten Date eine Darmbesiedlungsanalyse zeigen lassen! Oder einfach möglichst viel mit dem gesündesten Menschen aus deiner Familie kuscheln. 😉

Tipp 3: Ballaststoffe essen
Wenn du nicht gerade einen Reizdarm oder eine Fehlbesiedlung hast, freut sich dein Darm über eine ballaststoffreiche Ernährung. Ballaststoffe werden nicht vom Körper aufgenommen, sondern dienen den Mikroorganismen in deinem Darm als Futter. Sie kommen vor allem in Gemüse, Obst, Hülsenfrüchten, Kernen und Samen vor.

Tipp 4: Nahrungsmittelunverträglichkeiten aufdecken
Viele Entzündungen gehen auf unbekannte Unverträglichkeiten und Allergien zurück. Mithilfe eines Ernährungstagebuchs kannst du diese leicht herausfinden und die betroffenen Lebensmittel eine Zeit lang meiden. Ist der Darm wieder in Schwung, verträgt er häufig auch wieder mehr Lebensmittel.

Tipp 5: So naturnah wie möglich essen
Jeder Darm ist unterschiedlich. Es gibt nicht die eine darmfreundliche Ernährung! Trotzdem liebt jeder Darm Nahrungsmittel, die möglichst naturbelassen sind, v.a. regionale und saisonale Lebensmittel, die biologisch angebaut wurden.

Tipp 6: So unverarbeitet wie möglich essen
Wir beginnen gerade erst zu verstehen, was Zusatzstoffe, Geschmacksverstärker, Süßungsmittel oder Haltbarkeitsmacher mit unserer Darmflora anstellen! Mein bester Tipp für einen gesunden Darm: Iss Lebensmittel, die nur einen einzigen Inhaltsstoff haben.

Tipp 7: Ab in den Dreck!
Studien zeigen, dass Kinder, die ohne Spülmaschine aufwachsen, viel seltener Allergien entwickeln als Kinder, die in einer sehr sterilen Umgebung aufwachsen. Wasch dir die Hände, wenn du aus der U-Bahn kommst, aber hol dir ruhig mal ein Küsschen von deinem Nachbarshund ab.

Tipp 8: Setz dich der winterlichen Kälte aus
Unser Körper wurde viele Jahrtausende dazu perfektioniert, sich mit der Natur/Jahreszeiten zu bewegen. Methoden wie das Fasten oder die Wim Hof-Atmung zeigen, wie wichtig es für Körper und Psyche ist, aus unserer Komfortzone herauszutreten. Denn dahinter liegt die Lernzone – auch für unser Immunsystem.

Tipp 9: Übertreib es nicht!
Gib deinem Immunsystem Zeit! Genauso wie du nicht an einem Tag Einradfahren lernst, braucht auch dieses einige Zeit und Wiederholungen, um zu lernen. Dein Darm rettet dir jeden Tag einige Male das Leben, indem er viele Formen von Krankheitserregern und Giftstoffe unschädlich macht, die du mit der Nahrung aufnimmst. Zeig dich erkenntlich, in dem du gut für ihn sorgst!

Tipp 10: Entspann dich!
Ob in der Sauna oder beim Schlafen, Sonntags auf der Couch beim Lesen oder beim Meditieren im Kerzenschein: Entspann dich! Und mach dich nicht verrückt, wenn das Weihnachtsessen mal nicht vegan, glutenfrei, zuckerfrei, bio und histaminarm ist. Fokussiere dich lieber darauf, dass du deine liebsten Menschen um dich herum hast, die dir jede Menge gute Bakterien für deine Besiedlung oder Training für dein Immunsystem bescheren.

Fazit

Auch wenn meine Erkenntnis, dass ich alleine bin und meine eigene Retterin werden muss, mein Leben radikal zum Positiven verändert hat, habe ich heute eine andere Sichtweise. Zu denken, ich wäre alleine, während ich Billionen von Mikroorganismen mit mir herumtrage, ist weit gefehlt. Und mir einzubläuen, ich müsste mich selber retten, während mein Darm mir täglich einige Male das Leben rettet, ist nun wirklich nicht fair! 

Es ist Zeit, dass wir anfangen, unseren Darm zu respektieren. Es ist an der Zeit, dass wir uns genug Zeit für die Verdauung und Verarbeitung unseres Lebens einräumen. Es ist an der Zeit, dass wir unsere Intuition und unser Menschsein zulassen – das größte Geschenk, das wir uns selbst machen können.

 

Eure Anika

Credits

Foto –  Kristina Kast, Isabel Winckler

Text – Anika Jessen

Amazone

Instagram – achtmeter

Web – achtmeter.de

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