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Der Darm als Schlüssel zum Glück – Gesundheit und Entspannung in der kalten Jahreszeit

Der Darm als Schlüssel zum Glück – Gesundheit und Entspannung in der kalten Jahreszeit

Veröffentlicht

06. Dezember 2022

Text 

Anika Jessen

Foto | kristina kast

Der Darm kann so einiges; unter anderem kann er Dich glücklich, gesund und entspannt durch die dunkle Jahreszeit bringen. Warum der Darm so eine große Rolle für dein Wohlbefinden spielt und was du tun kannst, damit er seine Sache gut macht, verrät Dir Anika Jessen in diesem Artikel.

Anika Jessen ist die Gründerin von achtmeter – eine Lernplattform, die dich auf deinem Weg zu einer gesunden Verdauung begleitet. Meine Arbeit fußt in der Grundüberzeugung, dass Gesundsein erlernbar ist – für jede:n von uns. Wenn du Lust hast, mehr darüber zu lernen, wie du deine inneren Organe massieren kannst oder wie du den Atem, deine Selbstreflexionsfähigkeit und den Tanz nutzen kannst, um deine Verdauung zu verbessern, schau doch mal vorbei.

Nach fast 10 Jahren Odyssee mit meinem eigenen Darm kam ein Moment, der rückblickend alles veränderte. Nach einer Woche Krankenhausaufenthalt stand ich im Regen an der Bushaltestelle des Krankenhauses und dachte: ich bin allein. Niemensch wird kommen und mich retten. Wenn ich meinen Reizdarm loswerden möchte, muss ich meine eigene Retterin werden!

Darm allmächtig

Der Darm ist bis zu 8 Meter lang, hat ausgebreitet eine Fläche von bis zu 2000 Quadratmetern und beherbergt mehr Mikroorganismen als wir menschliche
Zellen im ganzen Körper haben. Er hat sein eigenes Hirn – das sogenannte Bauchhirn – bildet unsere Immunzellen aus und sorgt für die Ausschüttung zahlreicher Hormone. Kein Wunder also, dass der Darm in ständigem Austausch mit einem Großteil unserer Körpersysteme und Organe steht. Zum Hirn hat er sogar eine direkte Verbindung über den Vagusnerv. Speed
Dial sozusagen!

Ohne Erkältung durch den Winter

So schön verschneite Wintertage mit klarem, blauem Himmel auch sein können, so sehr kann die fehlende Sonne und die Kälte auch eine Belastung für unseren Körper sein. Ohne ständige Erkältungen und Wehwehchen durch den Winter zu kommen, ist deshalb für viele von uns gar nicht so leicht!

Die Gesundheit des Darms spielt dabei eine maßgebliche Rolle. Er bildet nicht nur unsere Immunzellen aus, sondern beherbergt auch rund 80 Prozent unseres Immunsystems. Ist der Darm also nicht fit, kann auch das Immunsystem nicht gut funktionieren. Zwei der häufigsten Gründe für einen geschwächten Darm sind eine schlechte Besiedlung und Entzündungen im Darm.

Die Mikroorganismen im Darm, das sogenannte Mikrobiom, spielt eine Rolle bei zahllosen Prozessen: Aufspaltung und Aufnahme von Nährstoffen und Produktion von Hormonen und Botenstoffen, um nur einige Beispiele zu nennen. Wenn der Darm dünn oder mit den falschen Bakterienstämmen besiedelt ist, können diese Prozesse nicht richtig ablaufen und führen langfristig zu allerlei gesundheitlichen Problemen. Die gute Nachricht ist: Du kannst deine Besiedlung durch deinen Lebensstil wesentlich beeinflussen!

Auch Entzündungen im Darm können durch zu viel Stress, eine darmunfreundliche Ernährung und weitere Faktoren, die wir selbst in der Hand haben, entstehen. Entzündungen im Darm sind wahre Energiefresser und gehen nicht selten mit einer erhöhten Durchlässigkeit der Darmwände einher. Ist der Darm erst einmal geschwächt, gelangen viel eher Gifte oder Bakterien in die Blutbahn und machen uns krank. Wie genau du deine Besiedlung fördern und Entzündungen vorbeugen kannst, erfährst du am Ende des Artikels.

Ciao Winterblues

Die Kälte und das fehlende Sonnenlicht im Winter können nicht nur zu Erkältungen, sondern auch zu depressiven Verstimmungen führen. Auch daran hat der Darm einen Löwenanteil. Ist dir schon einmal aufgefallen, dass eine richtige Magen-Darm-Grippe mit Niedergeschlagenheit einhergeht? Wenn der Darm krank und wehrlos ist, sorgt er gemeinsam mit dem Hirn für eine depressive Verstimmung. So vermeidet er unnötige Kontakte zu Quellen von Krankheitserregern, wie z.B. andere Menschen. Immer mehr Studien der letzten Jahre zeigen, wie eng unsere mentale Gesundheit mit unserer Darmgesundheit zusammenhängt. Menschen mit einem Reizdarm erkranken schneller an Depressionen, Entzündungen im Darm gehen mit gesteigerten Ängsten einher und bestimmte Bakterienstämme werden in engem Zusammenhang mit Demenz betrachtet. Wenn du dieses Jahr also mit guter Laune in das neue Jahr starten möchtest, ist der Darm dein bester Freund!

Mit viel Ruhe durch die dunkle Jahreszeit

Wenn du dir wünschst, mit viel Energie für dich selbst und deine Liebsten in die Weihnachtspause zu starten und deine Ziele für 2022 mit viel Schwung anzugehen, führt auch hier kein Weg an deinem Darm vorbei. Paradoxerweise braucht es dafür vor allem eines: Entspannung. Zusammen mit den gedanklichen Vorgängen im Hirn und der Bewegung unseres Muskelapparats macht unsere Verdauung einen großen Teil unseres Kalorienbedarf aus. Das Suppenkoma und der Verdauungsschlaf haben also ihre volle Berechtigung. Ein gesunder Darm verbraucht schon bis zu 20 Prozent eines Lebensmittels bei der Verdauung. Ein kranker Darm ist allerdings wahrhaft ein schwarzes Loch für deine Energie!

Studien zeigen, dass Schlafprobleme, dauerhafte Erschöpfung und eingeschränkte Gedächtnisleistungen alle durch eine Verbesserung der Darmgesundheit verschwinden können. Auch hier sind Besiedlung und Entzündung zwei Hauptfaktoren. Während wir im Sommer »all out and about« sind, geht es im Winter um Rückzug. Die Kälte draußen lädt zur Innenschau ein und genauso wie der Kontakt und die Sonne, ist auch die Ruhe und Langsamkeit entscheidend für den Darm. Unser Parasympathikus, auch der sogenannte Entspannungsnerv, sorgt für die Produktion von mehr Speichel und Magensäure, regt die Produktion der Gallensäure an und bringt die Darmbewegung (Peristaltik) in Schwung. Viele gute Gründe, die winterliche Einladung zum Entspannen anzunehmen.

„Während wir im Sommer ›all out & about‹ sind, geht es im Winter um Rückzug.“ – Anika Jessen

Tipps für die dunkle Jahreszeit

Tipp 1: Ab in die Natur
Studien zeigen, dass Menschen, die viel Zeit in der Natur verbringen, eine deutlich bessere Darmbesiedlung haben. Im Wald gelangen Bakterien beispielsweise aus dem Waldboden in die Luft und können so von dir eingeatmet werden.

Tipp 2: Soziale Kontakte pflegen
Die Anzahl guter Bakterien im Darm steigt fast 1:1 mit dem Kontakt zu Tieren und Menschen. Studien zeigen inzwischen, dass unsere Darmbesiedlung nach einiger Zeit der unserer Mitbewohner:innen gleicht. Mein Tipp: ab jetzt vor dem ersten Date eine Darmbesiedlungsanalyse zeigen lassen! Oder einfach möglichst viel mit dem gesündesten Menschen aus deiner Familie kuscheln. 😉

Tipp 3: Ballaststoffe essen
Wenn du nicht gerade einen Reizdarm oder eine Fehlbesiedlung hast, freut sich dein Darm über eine ballaststoffreiche Ernährung. Ballaststoffe werden nicht vom Körper aufgenommen, sondern dienen den Mikroorganismen in deinem Darm als Futter. Sie kommen vor allem in Gemüse, Obst, Hülsenfrüchten, Kernen und Samen vor.

Tipp 4: Nahrungsmittelunverträglichkeiten aufdecken
Viele Entzündungen gehen auf unbekannte Unverträglichkeiten und Allergien zurück. Mithilfe eines Ernährungstagebuchs kannst du diese leicht herausfinden und die betroffenen Lebensmittel eine Zeit lang meiden. Ist der Darm wieder in Schwung, verträgt er häufig auch wieder mehr Lebensmittel.

Tipp 5: So naturnah wie möglich essen
Jeder Darm ist unterschiedlich. Es gibt nicht die eine darmfreundliche Ernährung! Trotzdem liebt jeder Darm Nahrungsmittel, die möglichst naturbelassen sind, v.a. regionale und saisonale Lebensmittel, die biologisch angebaut wurden.

Tipp 6: So unverarbeitet wie möglich essen
Wir beginnen gerade erst zu verstehen, was Zusatzstoffe, Geschmacksverstärker, Süßungsmittel oder Haltbarkeitsmacher mit unserer Darmflora anstellen! Mein bester Tipp für einen gesunden Darm: Iss Lebensmittel, die nur einen einzigen Inhaltsstoff haben.

Tipp 7: Ab in den Dreck!
Studien zeigen, dass Kinder, die ohne Spülmaschine aufwachsen, viel seltener Allergien entwickeln als Kinder, die in einer sehr sterilen Umgebung aufwachsen. Wasch dir die Hände, wenn du aus der U-Bahn kommst, aber hol dir ruhig mal ein Küsschen von deinem Nachbarshund ab.

Tipp 8: Setz dich der winterlichen Kälte aus
Unser Körper wurde viele Jahrtausende dazu perfektioniert, sich mit der Natur/Jahreszeiten zu bewegen. Methoden wie das Fasten oder die Wim Hof-Atmung zeigen, wie wichtig es für Körper und Psyche ist, aus unserer Komfortzone herauszutreten. Denn dahinter liegt die Lernzone – auch für unser Immunsystem.

Tipp 9: Übertreib es nicht!
Gib deinem Immunsystem Zeit! Genauso wie du nicht an einem Tag Einradfahren lernst, braucht auch dieses einige Zeit und Wiederholungen, um zu lernen. Dein Darm rettet dir jeden Tag einige Male das Leben, indem er viele Formen von Krankheitserregern und Giftstoffe unschädlich macht, die du mit der Nahrung aufnimmst. Zeig dich erkenntlich, in dem du gut für ihn sorgst!

Tipp 10: Entspann dich!
Ob in der Sauna oder beim Schlafen, Sonntags auf der Couch beim Lesen oder beim Meditieren im Kerzenschein: Entspann dich! Und mach dich nicht verrückt, wenn das Weihnachtsessen mal nicht vegan, glutenfrei, zuckerfrei, bio und histaminarm ist. Fokussiere dich lieber darauf, dass du deine liebsten Menschen um dich herum hast, die dir jede Menge gute Bakterien für deine Besiedlung oder Training für dein Immunsystem bescheren.

Fazit

Auch wenn meine Erkenntnis, dass ich alleine bin und meine eigene Retterin werden muss, mein Leben radikal zum Positiven verändert hat, habe ich heute eine andere Sichtweise. Zu denken, ich wäre alleine, während ich Billionen von Mikroorganismen mit mir herumtrage, ist weit gefehlt. Und mir einzubläuen, ich müsste mich selber retten, während mein Darm mir täglich einige Male das Leben rettet, ist nun wirklich nicht fair! 

Es ist Zeit, dass wir anfangen, unseren Darm zu respektieren. Es ist an der Zeit, dass wir uns genug Zeit für die Verdauung und Verarbeitung unseres Lebens einräumen. Es ist an der Zeit, dass wir unsere Intuition und unser Menschsein zulassen – das größte Geschenk, das wir uns selbst machen können.

 

Eure Anika

Credits

Foto –  Kristina Kast, Isabel Winckler

Text – Anika Jessen

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Instagram – achtmeter

Web – achtmeter.de

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Außen

Zur Seite, bitte! – Von Männlichkeit und festgefahrenen Rollenbildern

Zur Seite bitte!– Von Männlichkeit und festgefahrenen Rollenbildern

Veröffentlicht

11. November 2022

Text 

Marie-Louise Schlutius

foto | Karsten Bahnsen

In einem interaktiven Workshop hinterfrage ich mit einer Gruppe anhand von Experimenten Männlichkeit. Dabei kommt heraus: Diese nimmt unterbewusst oft viel Raum ein. Doch was steckt dahinter und wie können wir die bestehenden Rollenbilder überwinden?

Selbstverständnisse, nicht-getane Reflexionen, Vorurteile und festgefahren Rollenbilder spielen immer noch einen großen Stellenwert in der Gesellschaft. Und sie werden durch unser Handeln auch stets multipliziert. Auch ich ertappe mich immer wieder dabei, dass Geschlechterstereotype meine Gedanken durchkreuzen. Ich mich diesen manchmal sogar beuge oder gar an ihnen orientiere.

¹Hegemonie stammt von dem griechischen Wort „Führung“.

Teile der Gesellschaft arbeiten bereits mit Hochdruck daran, sich von den festgefahrenen Geschlechterstereotypen zu lösen. Allen voran Adam, der den interaktiven Workshop leitet, in dem wir anhand von Raumexperimenten Männlichkeit hinterfragen. Adam setzt sich bereits seit einer Weile mit seinen Privilegien auseinander und reflektiert sein eigenes Handeln. Und ihm wird klar: Eine dominante Männlichkeit wird auch heute noch idealisiert und ist allgegenwärtig: im Job, in der Restaurantschlange, auf dem Dancefloor, im Straßenverkehr. In Alltagssituationen nehmen männlich gelesene Personen oft viel Raum ein, ihr Umfeld scheint teilweise unsichtbar für sie zu sein. Adam erwischt sich in manchen Momenten selbst dabei. Und dabei stellt er sich die Frage, wieso die besagten Muster auch in vermeintlich progressiven und aufgeschlossenen Gesellschaftsgruppen schlummern. Wieso die besagten Muster auch in ihm arbeiten. 

Das besagte Dominanzverhalten liegt dem Konzept der hegemonialen¹ Männlichkeit zugrunde. Die hegemoniale Männlichkeit bedeutet, dass Männer Überlegenheit und Dominanzverhalten gegenüber Frauen und gegenüber Männern ausspielen. Dies passiert oft auch unterbewusst.

Wir wagen in dem Workshop den Versuch, das besagte Verhalten zu messen und zu hinterfragen: In dem Experiment wird jeder teilnehmenden Person jeweils eine Rolle zugeordnet, die sie von nun an einnimmt. Die Beteiligten sollen in konstanter Bewegung entweder ausweichend auf ihr Umfeld reagieren oder konstant ihren eigenen Weg gehen – komme, was wolle. In einer zweiten Runde werden die zugeschriebenen Rollen getauscht. Die anschließende Reflexionsrunde verdeutlicht, dass sich weniger Männer in ihrem Alltag ausweichend verhalten als Frauen dies tun.

In der letzten Runde agieren alle Teilnehmenden ausweichend. Fast alle kommen danach auf das gleiche Fazit: Es ist das angenehmste Modell, welches die Gruppendynamik im Vergleich zu den vorausgegangenen Runden positiv verändert. Das dritte Raumexperiment hat den Vorteil, dass alle Beteiligten auf ihr Umfeld achten, es aktiv wahrnehmen und so deutlich zuvorkommender miteinander umgehen. Die Teilnehmenden kommen sich näher, das Teamgefühl steigt und die Verantwortung und Achtung für das Gegenüber potenziert sich.

foto | @geschriebenegefuehle

„Liebe dominante Männlichkeit, einmal zur Seite bitte, denn ich habe einen großen Blumenstrauß für Dich!“ – Marie-Louise Schlutius

Viele männlich gelesene Personen spüren im Laufe des Workshops eine Art Befreiung. Sie fühlen sich in ihrem Alltag oft einem enormen Druck ausgesetzt und das nicht ohne Grund: Männliche Machtgruppen werden auch von ihnen häufig gewollt oder ungewollt unterstützt. Auch sie wollen deshalb oft ihre eigene hegemoniale Funktion unter Beweis stellen, was wiederum dazu führt, dass männliche Dominanz in modernen Gesellschaften gehalten und multipliziert wird. Der Grund ist ein kulturell wie tiefenpsychisch wirksames Bindungsverhältnis unter Männern. Rückwirkend für dieses Verhalten ist unter anderem die patriarchale Dividende. Diese beschreibt eine unter Männern kulturgenetisch eingeschriebene Haltung, die besagt, dass sie Frauen überlegen sind. Was die Vormachtstellung des Patriarchats rechtfertigt. 

Doch in dieser Rolle fühlen sich die meisten Teilnehmer nicht wohl. Sie wollen sich von ihr befreien. Und der Workshop bietet einen ersten neutralen Raum, in dem wir über genau diese Problematiken sprechen können. Alle merken, dass wir Rollenbilder täglich selbst reproduzieren. Wer von uns Frauen hat das letzte Mal einem Freund Blumen zum Geburtstag geschenkt? Wer hält wem die Tür auf? Wie häufig lasse ich Emotionen zu und wem öffne ich mich? Der Raum, in dem zu Beginn Fremde aufeinandertrafen, ist zu einer Begegnungsstätte der Offenheit und Ehrlichkeit geworden. Und durch den ungefilterten Austausch wird auch mir bewusst: Nicht nur ich leide manchmal unter aufgezwängten Rollenbildern. Es ergeht dem Großteil meiner Generation, meines aktuellen Umfeldes so. Und die meisten sind bereit, aktiv etwas dagegen zu machen, genauso wie Adam. 

Und auch ich nehme mir an ihm ein Beispiel. Ab nun heißt es bei mir jedenfalls: „Liebe dominante Männlichkeit, einmal zur Seite bitte, denn ich habe einen großen Blumenstrauß für Dich!

Eure Malo

Credits

Foto – Karsten Bahnsen

Text – Marie-Louise Schlutius

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Kreislauf

Was bietet ein Naturhotel? – Zeit für eine Auszeit am Tannerhof in Bayrischzell

Was bietet ein Naturhotel? – Zeit für Erholung am Tannerhof in Bayrischzell. Nachhaltig und naturnah.

Veröffentlicht

01. November 2022

Text 

Nina Andre

Foto | Lena Augustin

Wir verbinden Menschen miteinander und der (eigenen) Natur. Uns liegen der nachhaltige Umgang mit Menschen und der Umwelt sehr am Herzen. Deshalb werden wir hin und wieder Orte vorzustellen, die diese Werte mit uns teilen. Wir starten mit dem Naturhotel Tannerhof in Bayrischzell. Diese grüne Ruheoase lädt zum Entspannen und Träumen ein. Eine einzigartige Mischung aus Tradition, Moderne, Nachhaltigkeit, Regionalität und Authentizität empfangen uns bereits auf den ersten Stufen des Hauptgebäudes und ziehen sich wie ein roter Faden durch diesen Ortes.

Der Zug rollt durch die spätsommerliche voralpine Hügellandschaft. Am Fuße der Berge liegt Bayrischzell. Eingebettet in einem weiten Tal, empfängt uns dieser südbayrische Ort mit urigen Häusern, ausladenden Holzbalkonen mit Geranien und vielen Touristeninformationstafeln. Wander- und Skifreunde werden hier zu allen Jahreszeiten fündig. Gemütlich schlendern wir 15 Minuten durch das Dorf und folgen einer Kleinstraße auswärts Richtung Tannerhof.

oben im bild | tannerhof

Micol hat uns eingeladen, den Tannerhof für eine Nacht zu besuchen und auf uns wirken zu lassen. Dafür gibt sie uns eine dreistündige Führung über das gesamte Hofgelände, zeigt uns alle Räumlichkeiten und erzählt uns von der Geschichte des Familienunternehmens. Dieses wird bereits in der vierten Generation geführt. Immer von Ärzt:innen mit dem Anspruch eines Naturhotels- und Gesundheitsresorts. Frische Luft, Bewegung, Zusammenkommen, Nachhaltigkeit und Ernährung spielen bereits seit 1905, dem Jahr der Entstehung des Hofes, eine wichtige Rolle. Das renovierte Haupthaus und ursprüngliche Hofgebäude stemmt noch auf den alten Holzbalken von damals. Hier steht in geschwungenen Lettern: „Gesundheit wächst aus der sinnerfüllten Beziehung zu Himmel und Erde, Pflanze, Mensch und Tier“. Dieser Leitfaden und seine Verbindungen finden sich im modern designten Hotellogo wieder: ein 5-zackiger Stern. Der Tannerhof orientiert sich bis heute, über 115 Jahre später, immer noch stark an diesen Werten.

Das heutige Naturhotel hat einen Hauptschwerpunkt, das Fasten. Für Gäste besteht ein breites Angebot an Fastenprogrammen mit verschiedenen körperlichen Anwendungen und privatärztlicher Betreuung durch die Inhaber und Ärzte Burgi von Mengershausen und Roger Brandes. Für sie stehen die Bedürfnisse ihrer Gäste im Mittelpunkt. Darüber hinaus sorgen Sauna, Schwimmbad, weite Spazierwege, Sportkurse und qualitativ hochwertige und regionale Kulinarik für eine Umgebung zum Fallen lassen. Wir spüren schnell: hier wird sich Zeit genommen – hier kommen Menschen wieder zur Ruhe und in Kontakt mit sich und der Natur.

„Gesundheit wächst aus der sinnerfüllten Beziehung zu Himmel und Erde, Pflanze, Mensch und Tier“

Oben im Bild | Micol & Burgi

*Affiliate Rabattcode | hejhej mats

In allen Zimmern und Räumlichkeiten steckt Liebe bis ins kleinste Detail. Das Gesamtkonzept von Fasten, Erholung, Ernährung, Kunst und Kultur ist rund. Es vereint gegensätzliche Perspektiven und sorgt für eine interessante Spannung auf dem Gelände. Riesige Skulpturen und Kunstwerke finden sich in jedem Winkel des Resorts und lassen uns immer wieder innehalten. Micol’s Augen funkeln glückselig, als sie uns von dem Kontakt zu verschiedenen regionalen Künstler:innen erzählt. Genau diese einzigartige Mischung aus Tradition und Moderne machen diesen Ort zu einem Erlebnis.

Das Angebot wendet sich vor allem an Menschen, die in einer besonderen und geborgenen Umgebung unter ärztlicher Begleitung Fasten möchten. Natürlich besteht auch die Option einer dezenteren Diät oder der vollwertigen Verpflegung durch das Hotel. Hier sitzen Menschen, die bewusst und luxuriös zur Ruhe kommen möchten, gutes Essen und eine warmherzige Umgebung genießen sowie das nötige Kleingeld dafür haben.

*Affiliate Rabattcode | hejhej mats

Unser persönliches Highlight war ein kleiner Yogaflow auf der Sonnenterrasse inmitten der Natur des Geländes. Der freie Blick über das Tal, die Sonne auf der Haut und der Geruch von Bäumen hat uns friedlich innehalten und zentrieren lassen. Für Eure nächste Yogastunde können wir Euch die Matten von HejHej mit praktischer Transporttasche und angenehmen Tragegurt empfehlen!

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Genug geschwärmt – jetzt folgt ein knackiger Überblick über unsere persönliche Einschätzung des Ortes.

Gelände und Unterbringung

Eine grüne Oase am Berghang lädt zum Ruhen ein. Es ist still, entschleunigt und friedlich. Die verschiedenen Unterbringungsmöglichkeiten beinhalten Doppelzimmer im Hofhotel, wo auch wir untergebracht waren. Es handelt sich hier um sehr schöne Holzzimmer. Das Highlight des Geländes sind jedoch eindeutig die kleinen alten Almhütten und neueren Holztürme an den Hängen. Hier trifft Geschichte auf moderne Architektur des Architekten Florian Nagler. Überall entdecken wir bewusst eingesetzte Farbkleckse, die das urige Gesamtbild auflockern und gute Laune machen. Die Zimmer sind überall ähnlich luxuriös und zugleich minimalistisch ausgestattet. Hier finden Gäste, alles was sie brauchen. Von bequemen Betten, Bademänteln und gemütlichen Sesseln. Die alten Häuschen, die bereits seit 1905 die Hänge schmücken, haben weiterhin diesen typischen Hüttencharm und Holzgeruch, der einen automatisch zu Hause fühlen lässt. Die modernen Türme mit ökologischem Anspruch, die wenig Fläche in Anspruch nehmen, bieten von den Balkonen eine atemberaubende Aussicht in das Bergtal. In allen Unterbringungen steckt Liebe bis ins kleinste Detail. Man kann Teekannen und Wärmflaschen mitnehmen und es sich so richtig gemütlich machen.

Stimmung und Ambiente

Besucher werden mit einer besonderen Herzlichkeit und Menschlichkeit empfangen. Das Personal beinhaltet 80 Personen auf etwa 100 Gäste. Diese familiäre und persönliche Versorgung und Betreuung ist in jedem Raum spürbar. Alle sind hilfsbereit und wir bekommen schnell das Gefühl, dass es uns an nichts fehlen wird.

Die Einrichtung, das Holz und die Kunst strahlen eins aus: Wärme und das Gefühl zu Hause zu sein. Nicht umsonst steht auf einem der regionalen Kunstwerke: „Dahoam is wos Gfui is”. Das ist wohl auch eine Art Motto des Hauses geworden.

Zusätzlich zum Fasten- und Anwendungsbetrieb findet wöchentlich ein breites Angebot aus Workshops, Bewegungs- und Kulturprogramm statt. Der Ort holt Menschen also nicht nur körperlich sondern auch mental ab.

Verpflegung

Die Küche des Tannerhofs verbirgt sich hinter einer pinken Glaswand. Hier werden vor allem regionale und Biolebensmittel nach höchsten Ansprüchen verwertet. Den Schwerpunkt der Kulinarik würden wir als traditionell-regional beschreiben. Das Fasten erfolgt nach Buchinger mit Suppen, Säften und einem breiten Angebot aus losen Bio-Tees. Sowohl das Fastenbrechen als auch die tägliche Küche konzentrieren sich auf Fisch, Fleisch und Milchprodukte mit der Option für vegetarische Gerichte und Abendmenüs.

Trotz mehrmaligem Nachfragen, stoßen wir auf die eindeutige Ablehnung von veganen Alternativen und Menüs. Die gibt es am Tannerhof leider nicht. Da wir uns mittlerweile größtenteils Pflanzenbasiert ernähren, war dies eine kleine Enttäuschung für uns. In der heutigen Zeit, finden wir, sollte dies eindeutig eine Option an einem Ort mit nachhaltigem Anspruch sein.

Dennoch haben wir das vegetarische Menü genossen. Es gibt am Abend immer nur ein Menü um Komplexität und Abfälle in der Küche zu vermeiden. Das finden wir gut!

Folgende Gerichte durften wir probieren:

  • Lunch: Salat Etagerie mit lecker Kürbissuppe, Pellkartoffeln, Feta, Quark, Linsen- und Pastinakensalat
  • Dinner: regionales Brot mit Trüffel-roter Pfeffer-Butter, sahnige Fenchelsuppe, Ziegenricotta mit Beerenmus und karamellisierten Kartoffelchips, selbstgemachte Pasta mit Tomaten-Zucchinisoße und karamellisierten Vanille-Tomaten, Biereis und weißes Schokomus

Den Gästen steht rund um die Uhr Tee und Wasser zur freien Verfügung. Alles Weitere kann einfach an der Bar bestellt werden.

Nachhaltigkeit

Nicht nur die Gesundheit des Menschen, sondern auch der Schutz der Umwelt und der Ressourcen sind Teil des Leitbildes des Tannerhofs. Deshalb sind sie auch seit 2019 Teil der Gemeinwohl-Ökonomie. Die bedeutet, dass das oberste Ziel des Wirtschaftens nicht der Profit sondern das Wohl von Mensch und Natur sind. Dafür werden Hotels hinsichtlich verschiedener sozialer und ökologischer Kriterien bewertet, um sich für mehr Transparenz in diesen Bereichen einzusetzen. Der Tannerhof liegt bei einer Skala von -3500 bis +1000 Punkten aktuell bei 571. Diese Zahl macht Hoffnung! Das Naturhotel achtet auf Müllreduktion und Trennung, nachhaltige Bau- und Ausstattungsmateralien, natürliche Reinigungsmittel, bezieht Ökostrom und behaust viele Vintage Möbel. Aus Alt mach Neu – anstatt es wegzuschmeißen.

*Unbezahlte Werbung | Herzensempfehlung

Dieser Ausflug hat sich für uns definitiv gelohnt! Wir haben diesen Einblick sehr genossen und sind Micol sehr dankbar für ihr Vertrauen und ihre Zeit.

Mehr Informationen zum Tannerhof, den Fastenangeboten und Unterkünften findet Ihr hier.

Doch egal ob dort oder von zu Hause – gönnt Euch mal wieder eine Auszeit. Füße hochzulegen, in die Natur zu blicken und das Leben einfach mal Leben sein lassen.

Damit wünschen wir Euch eine entspannte Zeit!

Nina & Lena

Credits

Foto –  Lena Augustin

Text – Nina Andre

Tannerhof

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Außen

Getting lost in Porto

Getting lost in Porto – Eine Amazone unterwegs.

Veröffentlicht

05. September 2022

Text 

Marie-Louise Schlutius

Versteckte Kunsträume, verwunschene Hintergärten, eindrucksvolle Brücken und saftige Weinberge. Unsere Redakteurin Malo teilt auf ihrer kulturellen und kulinarischen Porto-Reise ihre Tipps und Eindrücke der Stadt.

Portugal ist das Land der Azujelo: quadratisch, bunt und glasiert. Fliesen, Graffitis und weitere Straßenkunst durchziehen Stile und Ausdrucksweisen aus allen Zeiten und verleihen jedem Spaziergang in Porto einen Klecks Farbe.

Sie ist mit rund 240.000 Einwohner:innen neben Lissabon die einzige portugiesische Großstadt. Es ist eine Stadt, die pulsiert. Viele junge kunstschaffende und inspirierende Menschen sind hier zuhause. Sie prägen Porto. Eine Stadt, die zum Partizipieren einlädt – auch uns. Viele Kunsträume sind in verlassenen Ecken und Hinterhöfen versteckt. Kreativschaffende werkeln hinter bunten Fassaden und großen Fenstern vor sich hin. Und so sind wir zufällig auf ein Kunstkollektiv junger Kreativer gestoßen, die uns just zu einer Vernissage für den selbigen Abend eingeluden: Die Ausstellung war in einer alten Tankstelle, in der wir uns mit eigens konzipierten Minigolfschlägern in die Herzen einiger Portugiesinnen und Portugiesen schlugen.

„Portugal ist das Land der Azujelo: quadratisch, bunt und glasiert.“ – Marie-Louise Schlutius

Mood | Kunstausstellung

Im Norden der Stadt versteckte sich hinter kleinen Häuserblöcken ein verwunschener Garten, in dem zweimal die Woche ein frisch zubereiteter Mittagstisch die Bewohner:innen Porto’s beglückt. Kräuter, regionales Obst und Gemüse und eine wechselnde Karte aus drei Gerichten schenken dort neben einer kühlen Pause von der belebten Innenstadt auch wohltuende Mahlzeiten. Als belebte Innenstadt ist das historische Zentrum am Ufer des Douro gemeint, dass die UNSECO im Jahr 1996 auf die Liste des Weltkulturerbes setzte.

Kulinarisch hat die Stadt nach gründlicher vorangegangener Recherche einiges zu bieten. Ein Muss ist natürlich frischer Fisch – gegrillt, mit Zitrone und Batatas. Neben den alteingesessenen und traditionellen Restaurants sprießen aber auch immer mehr junge Läden aus dem Boden. So wie TiaTia oder das Café Epoca.

OBEN im Bild | Café Epoca

Porto liegt an dem Fluss Douro, der im nordspanischen Picos de Urbión entspringt und kurz hinter Porto in den Atlantik mündet. Sechs große Brücken führen über ihn, alle architektonisch einzigartig: Die schmiedeeiserne Bogenbrücke Ponte Luís I, die Eisenbahnbrücke Ponte Maria Pia, die von Gustaf Eiffel errichtet wurde, die Ponte de São João, die aufgrund der starken Strömung im Flussbett verankert ist, die Ponte Infante D. Henrique, Ponte da Arrábida sowie die Ponte do Freixo.

Das Wechselspiel der verschiedenen Baustile spiegelt die Seele der Stadt wider: Sie ist vielseitig, vielschichtig und in diversen Formen und Farben. Auch die Natur bahnt sich ihren Weg durch die Stadt. Ob drinnen oder draußen, Porto ist saftig und frisch! Wilde Blumen sprießen aus den Felswänden und Weinberge schmücken das Stadtpanorama. Der Portwein ist einer der Gründe, warum Porto der wichtigste Wirtschaftsstandort Portugals ist. Doch auch Naturweine findet man in ausgewählten Ecken Porto’s zuhauf. So durften wir im TiaTia den besten Naturwein probieren – mein Favorit ist ab jetzt orangener Wein! In diesem Sinne: Felicidades!

Eure Malo

*unbezahlte Werbung | Herzensempfehlung

Fünf weitere Tipps für Euch

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Fotos –  Marie-Louise Schlutius

Text – Marie-Louise Schlutius

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Körper

Jede dritte Frau – Wie sich Natascha Sagorski für den gestaffelten Mutterschutz nach Fehlgeburten einsetzt

Jede dritte Frau – Wie sich Natascha Sagorksi für den gestaffelten Mutterschutz nach Fehlgeburten einsetzt

Veröffentlicht

24. August 2022

Text 

Stine Albers

oben im bild | Stine albers

Jede dritte Frau erlebt eine Fehlgeburt. Die meisten verlieren ihr Kind noch vor der 12. Schwangerschaftswoche (SSW). Doch selbst bis zur 23. SSW haben Frauen in Deutschland kein Recht auf Trauerurlaub oder Mutterschutz – das bedeutet, kein Recht auf Krankschreibung, kein Recht auf Pause, keine Recht auf Trauer und insbesondere keine Rechte als Mutter. Mit ihrem Buch „Jede dritte Frau“ und ihrer Petition für einen gestaffelten Mutterschutz will Natascha Sagorski aufklären und vor allem eines: Dinge verändern!

Als Natascha 2019 die Worte „Ich finde leider keinen Herzschlag“ hört, stockt ihr der Atem. Aus dem nichts zerfällt ihre Welt in tausend Teile, ohne jegliche Vorwarnung und ohne Halt. Dieser Moment haut sie um. Obwohl Natascha mit Reden ihr Geld verdient, verschlägt es ihr in der Zeit nach der Fehlgeburt die Sprache.

fotos | nina andre

Jede Dritte Frau – ein Buch über Fehlgeburten

Mittlerweile hat sie ihre Worte wiedergefunden. Und nicht nur das: Sie sammelt Stimmen. Natascha möchte verbinden und connecten. In ihrem Buch „Jede dritte Frau“ bringt sie die Geschichten von 25 Menschen zusammen, die alle eine oder mehrere Fehlgeburten durchleben mussten. Es ist unglaublich bewegend, wie eine Diagnose 25 vollkommen unterschiedliche Erfahrungsberichte lostritt, die sich am Ende doch alle in Gefühlen von Einsamkeit und Trauer wiederfinden. Auf der einen Seite steht eine höchst intime und individuelle Situation, auf der anderen ein kollektives Empfinden von Überforderung, Schmerz und Alleinsein.

Es sind genau diese wiederkehrenden Gefühle, die Natascha unfassbar wütend machen und über das Buch hinaus antreiben, etwas verändern zu wollen. Jede Fehlgeburt bleibt ein einschneidendes, niederschmetterndes Erlebnis. Doch es gibt Stellschrauben, mit denen die Rahmenbedingungen für betroffene Eltern und insbesondere Mütter sich erheblich verändern könnten.

Denn eines steht fest: Zwei Menschen, die sich von ihrem ungeborenen Kind verabschieden müssen, sind Eltern. Eine Frau, die eine Fehlgeburt hat, ist eine Mutter – und bleibt es auch, egal wie lange das Herz ihres Babys geschlagen hat.

Fehlgeburten: Eine harte Grenzziehung funktioniert hier nicht

Neben der unbeschreiblichen Traurigkeit hat sich bei Natascha noch ein anderes Gefühl breit gemacht, das für viel Antrieb sorgt: Es ist Wut. „Ich bin jeden Tag schockiert“, sagt sie. Denn wegen ihres Buches und nach zahlreichen Interviews in Magazinen wie dem Spiegel und dem Stern, sowie mehreren Auftritten im Frühstücksfernsehen, erreichen Natascha tagtäglich Nachrichten von Frauen, denen das gleiche passiert ist. Vor allem melden sich Frauen bei ihr, mit denen in dieser Situation scheiße umgegangen wurde.

Wieso muss eine Frau, die ihr Kind verliert, um eine Krankschreibung betteln? Wieso weiß ich als Frau nicht über meine Optionen Bescheid? Wieso werde ich als Frau in der Regel nicht ausreichend darüber informiert, dass es die Möglichkeit einer stillen Geburt gibt, dass ich als Betroffene einen Anspruch auf eine Hebamme habe, sogar während und nach der Fehlgeburt, oder dass es Möglichkeiten gibt, das winzig kleine Baby zu bestatten? Vor allem jedoch muss ich als Frau dringend darüber aufgeklärt werden, dass es durchaus Anlaufstellen für schnellen und akuten psychologischen Beistand gibt, beispielsweise bei ProFamilia.

Häufig kehren betroffene Frauen gezwungenermaßen zu früh zurück in den Arbeitsalltag. So bleibt oft nicht ausreichend Zeit, das Geschehene zu verarbeiten. Es ist demnach kein Wunder, dass viele von ihnen in der Folge an Depressionen erkranken und dadurch oft sogar länger ausfallen, als wäre ihnen von Anfang an der Raum und das Netz geboten worden, um richtig aufgefangen zu werden.

Eine Frau erzählt Natascha davon, dass sie ein totkrankes Kind im Bauch trägt. Dieses Kind wird nicht überleben. Dennoch hofft die Betroffene inständig, dass ihr Baby bis zur 24. SSW durchhält, damit sie ein Recht auf Mutterschutz hat. Das absurde dabei: In der 23. SSW ist eine Frau fast ein halbes Jahr schwanger, aber am Ende entscheiden 24 Stunden darüber (zwischen 23. SSW und 24. SSW), ob sie vor dem Gesetz eine Mutter ist oder nicht. Ob sie im Ernstfall Anspruch auf 18 Wochen Mutterschutz hat. Die Frage nach der Logik kann hier nur mit einem Kopfschütteln beantwortet werden. Es ergibt schlicht keinen Sinn, beim Thema Fehl- und Totgeburten eine dermaßen harte Grenzziehung vorzunehmen. So werden allen Schwangeren bis zur 24. SSW jegliche Chancen auf Schutz verwehrt. Eine derartige Schwarz-Weiß-Mentalität ist in diesem Fall absolut unangebracht.

Gestaffelter Mutterschutz bei Fehlgeburten

Aus diesem Grund setzt sich Natascha für einen gestaffelten Mutterschutz ein und hat Anfang 2022 eine Petition gestartet. Denn warum sollte es keinen gestaffelten Schutz geben, auch für Frauen die vor der 24. SSW ihr Kind verlieren?

„Fehlgeburten sind negativ besetzt: Und Politik scheut sich vor negativ behafteten Themen – wieso, das frage ich mich auch!“ – Natascha Sagorski

Es ist kein Wunder, dass Frauen in Deutschland schlecht Bescheid wissen, wenn die Strukturen von oben für umfassende Aufklärung schlicht nicht gegeben sind. Wenn ein:e Gynäkolog:in erst nach dem Diagnoseschlüssel suchen muss, obwohl Fehlgeburten statistisch gesehen absolute Normalität sind, dann spricht das Bände über ein Problem im System.

Mit ihrer Petition möchte Natascha bewirken, dass eine Expert:innenkomission den Ist-Zustand kritisch begutachtet und gleichzeitig neue Ansätze für eine Staffelung und die Höhe des Mutterschutzes entwickelt. Sie fordert außerdem, dass dieser Mutterschutz ein Angebot des Staates ist, und für die Frau nicht verpflichtend. Dass eine Krankschreibung allein im Ermessen des:r behandelnden Mediziner:in liegt, da ein Kind unter 500 g Körpergewicht laut Gesetz nicht als Mensch gilt, und eine Frau daher nicht als schützenswerte Mutter, ist ein unzumutbarer Zustand.

Fehlgeburten sollten zum Allgemeinwissen gehören

Natascha ist enttäuscht von der Gleichgültigkeit der Politik. Während die mediale Aufmerksamkeit für das Thema funktioniert und gut aufgenommen wird, passiert politisch wenig. Auf viele Anfragen und Einladungen zum Austausch gab es nicht mal eine Absage. Das Bayrische Gesundheitsministerium wollte kein Statement abgeben. Von einem grünen Familienministerium erwarte sie mehr, sagt Natascha.

Doch von kleineren und auch von den größeren Hürden lässt sich Natascha Sagorski nicht abschrecken. Ihr Wille und ihre Motivation treiben sie an. In einer idealen Zukunft sollen alle Frauen, beziehungsweise Eltern, über die Häufigkeit von Fehlgeburten, den medizinischen Umgang mit diesen und anschließende potenzielle Anlaufstellen für Hilfeleistungen aufgeklärt werden. Das Thema soll zum Allgemeinwissen gehören, insbesondere damit Frauen Versagens- und Schuldgefühle ablegen und sich nicht mehr wie Einzelfälle fühlen müssen.

Bevor sie ihr Buch schrieb und auch als sie sich für eine Petition entschied, hatte Natascha Respekt vor Triggern und dem schmerzhaften Aufreißen alter Wunden. Neben viel Frust, langen Abenden und dem nicht immer leichten Jonglieren von Presseterminen, Interviews und dem Alltag mit zwei kleinen Kindern, bleibt am Ende vor allem eins: Mut. Jede einzelne Nachricht von jeder Frau gibt Natascha Kraft. Durch ihre Arbeit erlebt sie immer wieder einen wundervollen Austausch mit ganz verschiedenen Menschen, die sie bestärken und motivieren, weiterzumachen.

Denn das Thema ist relevant, und wird es bleiben. Es geht dabei um Frauenrechte, es geht um die Würde, die Anerkennung und den Respekt vor dem Frau sein und dem weiblichen Körper. „Wenn ich mich nicht laut mache, dann macht es keiner“, sagt Natascha. Und sie ist laut, und wird immer lauter.

 

Petition – Einführung eines gestaffelten Mutterschutzes. Frist: 20.09.2022

Natascha Sagorski sammelt Stimmen und Geschichten.

Erst für ihr Buch. Jetzt für die Petition. Wir vom AMAZONEN Magazin sind unfassbar stolz, sie hierbei unterstützen zu dürfen und wollen bei diesem wichtigen Thema am liebsten so laut es nur geht mitbrüllen. Den Link für die Petition findet ihr im Text und sonst auch nochmal hier. Wir freuen uns, wenn ihr Frauen dabei helfen möchtet, mehr Rechte auf Schutz nach Fehlgeburten zu bekommen.

Credits

Fotos –  Lena Augustin

Text – Stine Albers

Amazone

Instagram – natascha_sagorski

Buch – Jede 3. Frau

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Freiheit

Olena Kryvoruchko

Olena Kryvoruchko

Bye Ukraine, hello Berlin – From hard times, adapting to change and the courage to keep going.

Veröffentlicht

01.Oktober 2022

Text 

Olena Kryvoruchko

Fotos | Olena Kryvouchko

Wir fragmentieren. Wir setzen uns wieder zusammen. Als Summe unserer Erfahrungen, Erlebnisse, Gefühle sind wir im stetigen Wandel. In keiner Sekunde gleicht unser Wesen seiner eben vergangenen Version. Aber was macht es mit uns Menschen, wenn im Sekundenbruchteil auch deine Heimat fragmentiert, alles Gekannte nach einem Wimpernschlag verändert, zerstört ist? Olena, Fotografin aus der Ukraine, hat uns von ihrer Erfahrung des Krieges erzählt und zeichnet dabei ein Bild von Flucht und abhanden gekommener Freiheit, das aktueller nicht sein könnte.

Ukrainische Fotografin Olena, die nach Berlin geflüchtet ist und über ihre Erfahrungen berichtet.

Portraits von Olena selbst

What’s your story as a photographer?

Tell me about yourself is an awkward question for me. I believe that my actions and work speak more truthfully and brighter than words. If we talk about the generally accepted facts that people are most often interested in, they are:

__Originally, I’m from the small town of Marhanets, Dnipropetrovsk region.

__I have been living in Kyiv since 2012.

__In 2018, I graduated from the National Pedagogical University with a master’s degree in Mathematics.

__For several years I worked as a business analyst, and now hold the position of project manager. These skills help me organize not only work projects but also my personal ones.

__As for photography, it didn’t come out of nowhere.

__During my study at university, I attended in parallel an art center, where I communicated with different creative people. I loved being involved with this get-together.

__Also, I tried painting and creating etchings. But in painting, I lacked a complete artistic education and that endurance and concentration that is needed for this creativity. Therefore, I realized it was not mine.

__Etchings I considered more fun, but the process of creating this work was labor-intensive and inflexible – it is desirable to do in the studio. I also said goodbye to this occupation soon.

Photography turned out to be the perfect thing for me. It is not so time-consuming (although I can often spend several days processing pictures), it can give a quick result, it often implies communication with different people and the exchange of emotions (for me this is very important), you are not tied to one place (you can see the plot practically anywhere, tools you can easily carry around the world with you), etc. So I have been photographing for several years and am thrilled with this.

How it feels like to have to leave your country because of this horrible war? What did you experience?

It is morally difficult to leave your homeland and everything that is behind you and just flee. Flee, driven by fear and the instinct of self-preservation in order to stop hearing the sounds of explosions and sirens. I do not feel regret about all the expensive equipment, property, clothes, and other material things that I left. The most painful thing was to say: „See you later [and no one knows when and whether we will see each other again]“ to relatives and loved ones. My boyfriend, mom, grandmother, and almost all of my friends still stay in Ukraine. It’s really good that due to technology I still contact them by phone. But online would have never ever fully compensated for the physical absence of people.

In Germany, people are very kind and helpful. I was very touched by the warm welcome and hospitality. But it’s really hard to start a new life in a new country. Especially when it is an unplanned move and the reason for it is not because you ‚want‘ this, but because you ’need‘ to. I arrived in Germany hoping everything will be over in a week and I will return home. But after this short interval, it became clear that I should stay here at least for a month. And now I live in expectation of Ukraine’s victory in this war and I’m trying to do photography here in Berlin. Photography helps me get a bit distracted and feel normal life.

What’s different in Germany compared to your home country?

There are differences in the mentality of the two nations. To make more proper research on this topic, I really need to live much more time here. But if to tell briefly, contemporary Ukraine is on the way of transformation from a socialist post-soviet republic to a democratic state.

Mostly older generation who have lived most of their lives in the regime were nostalgic for the former USSR. But since the war started this indicator is rapidly declining — by the end of April 2022 it was recorded the lowest ever indicator. 

The huge difference or even gap between these two countries I noticed in the level of digitalization. In Ukraine, the online-service sector is at a pretty high level and it is quite easy and fast to make an appointment online with government agencies or a hospital. You can easily open a bank account on the same day in just a few clicks. And for this, it is unnecessary even to leave the house and wait a few weeks. We have „Diia“ ( lit. ’Action‘) –  a mobile app, a web portal, and a brand of e-governance in Ukraine. Launched in 2020, the app allows Ukrainian citizens to use digital documents in their smartphones instead of physical ones for identification and sharing purposes and allows access to over 50 governmental services. Since the beginning of the coronavirus pandemic, education has also moved online. Now, when many families have gone abroad to escape the war, their children still study in Ukrainian schools online. 

There are differences in the approach to housing. Most Ukrainians don’t want constantly rent an apartment and raise children on the landlord’s property. And the desire to buy your own home is justified — in a few years, you can actually buy an apartment in Ukraine. In Germany, housing is very expensive, so it is normal to rent an apartment for a long period.

Because of the Soviet past again, mostly the older generation has a misunderstanding and rejection of the LGBTQA+ community and they are close to the values of „traditional family“. For example, my friend came out to his mom as gay at the beginning of the year. She took this information with a pinch and advised to “forget about this nonsense and find a normal woman”. But among young people, the mood is very tolerant and progressive. Also, it has increased support for LGBTQA rights since 2014. Parliament passed legislation in 2015 to ban discrimination in the workplace, but it still does not allow for same-sex marriage or the adoption of children.

How is it to be a woman in Ukraine?

In my country, there are still remnants of the influence of the Soviet past on what role a woman should take in society and in the family. But this is changing rapidly in the last several years. For example, currently in the Armed Forces of Ukraine, we have much more women which is 15.6% of the total number of military personnel. This is one of the highest shares among of NATO countries‘ armies. Also, not so much time ago, at the state level, women were allowed to occupy professions that were previously available only to men.

In general, it is beautiful to be a woman in Ukraine.

Olena

Credits

Fotos – Olena Kryvoruchko

Text – Olena Kryvoruchko

Redaktion – Christin Köhler

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Körper

One-on-One Tanzsession mit Sophie Sollmann

One-on-One Tanzsession mit Sophie Sollmann – Tanz als Schlüssel zu Stärkung der Selbstwahrnehmung

Veröffentlicht

06. August 2022

Text 

Nina Andre

oben im bild | sophie sollmann

Bei dieser bewegenden Begegnung gibt mir Sophie als professionelle Tänzerin, wertvolle Impulse und Übungen an die Hand. Es gibt keine einstudierten Choreographien. Vielmehr eröffnet sich im begleiteten, intuitiven Fließen ein ganz neuer Raum zur gestärkten Selbstwahrnehmung, Verbindung zum eigenen Körper und damit Selbstbewusstsein.

Ich tanze seit ich klein bin und liebe es, mich zum Rhythmus zu bewegen. Aus anfänglich spielerischen Kinderballettstunden wurde ziemlich schnell Ernst. Mehr Stunden, mehr Perfektion, mehr Vergleich. Der Erfolg, mit einer Tanzgruppe auf Wettkämpfe zu gehen und Preise abzusahnen, war der Höhepunkt. Danach ging es erstmal bergab. Viele Tränen sind in Stunden von langem Training geflossen. Verzweiflung und Schmerzen haben letztendlich die Freude am Tanz vertrieben. Mit 16 Jahren habe ich meine Tanzschuhe in die Ecke gepfeffert und aufgehört. Es hat gereicht. Ich wollte davon nichts mehr wissen.

Das Nachtleben hat meine Leidenschaft auf neue Art und Weise entfacht. Unzählige Nächte habe ich zu Technobeats durchgeravet und empfand diese Erfahrung als sehr berechtigtes Ventil in meinem damalig stressigen Schulalltag. Im Studium und auf Reisen blieb wenig Zeit für das Tanzen. Es war weiterhin etwas, was ich sehr sporadisch auf Festivals zelebriert habe.

Jetzt, mit 28 Jahren, spüre ich diese aufkeimende Lust, mich wieder dem Tanz, als meiner ganz persönlichen Sprache und Ausdrucksform, zu widmen. Es ist, als würde ich einer alten Freundin ganz neu Begegnen.

oben im bild | nina andre

Ich freue mich deshalb riesig, dass die professionelle Tänzerin Sophie Sollmann auf uns AMAZONEN zugekommen ist. Sie lädt mich zu sich nach Wien ein, um eine 1:1 Tanzsession bei ihr als Bewegungscoachin zu machen. Es geht dabei nicht um Choreographien oder perfekte Formen, sondern vielmehr ums Sein und darum, durch die Verbindung zum eigenen Körper mehr Selbstbewusstsein und Erfüllung zu spüren.

„Tanzt, Tanzt, Tanzt sonst sind wir verloren.“ – Pina Bausch

*Frauen in all ihrer Diversität

Ich treffe auf eine strahlend schöne Frau. Sophie, so steht sie da. Mit leichtem Fuß begleitet sie mich ins Gasometer. Der aktuelle Standort ihrer Tanz-Räumlichkeiten. Offen und interessiert tauschen wir uns über ihren persönlichen Weg und dieses Gebäude aus. Und schon geht es los: Raus aus der Alltagskleidung, rein in die Leggings. Es darf bequem sein. Ein großer, leerer, mit Spiegeln verkleideter Raum empfängt mich. Bis auf Ballettstangen, einen Stuhl und ein kleines Mischpult gibt es hier nichts. Genau diese Leere empfinde ich als besonders anziehend. Allein der Anblick dieses großen Raumes lässt mein Herz höher schlagen. Er weckt in mir ein Bedürfnis, nachdem ich mich schon lange sehne: Mich auszubreiten.

Zum Ankommen setzen wir uns erstmal. Sophie fragt mich, wie es mir geht und warum ich hier bin. Ich empfinde diese Fragen als intim und schön. Ich fühle mich sofort willkommen. Sie gibt mir behutsam die Zeit, in Ruhe zu antworten. Ich möchte mich und meine Bedürfnisse spüren. Ich möchte lernen, den Raum einzunehmen und mich intuitiv, ohne Gedanken an Perfektion und Aussehen, zu bewegen und damit mir und meinen Körper ein Stück näherzukommen. Ich möchte lernen, Gefühle durch Bewegung besser verarbeiten zu können.

Sophie erzählt mir auch etwas von sich. Sie hat sich für eine professionelle Tanzausbildung in Los Angeles, USA, entschieden und möchte als Tänzerin in Videos, Shootings und auf Bühnen der Welt mitwirken – tut dies schließlich auch. Dann kommt die Corona Pandemie und auch die Showbusiness-Blase platzt. Wie in so vielen anderen Branchen, spürt Sophie eine Leere. Der Boden, den sie sich aufgebaut hat, wird ihr unter den Füßen weggerissen. Sie entschließt sich, zurück in ihre Heimat Wien zu gehen. Dort nutzt sie die ruhige Zeit, um ihre Perspektiven zu reflektieren und sich für alternative Wegen zu öffnen. Sie fängt an, Tänzerinnen aus Wien in one-on-one Tanzsessions zu coachen. Dabei geht es ursprünglich um Bewegung, Form, Ausdruck und Verbesserung. Doch dabei merkt sie schnell, was alle Teilnehmerinnen verbindet: einen geringen Selbstwert, Selbstzweifel, Perfektionismus-Gedanken und das Meiden des Blickes in den Spiegel. Sophie kennt diese Gefühle nur zu gut. Sie hat selbst Jahre lang unter Perfektionismus, Selbstzweifeln und dem Vergleich mit anderen gelitten. Die Tanzbranche ist ein hartes Pflaster. Mensch wird extrem auf Äußerlichkeiten, Form und Haltung reduziert. Sich davon in gesundem Maße abzugrenzen ist eine wahre Herausforderung.

Sophie hat es geschafft, ihre Individualität als Stärke zu sehen und möchte mit ihren Tanzcoachings auch andere Frauen* dazu bewegen, ihr volles mentales und körperliches Potential auszuschöpfen und sich wohl im eigenen Körper zu fühlen.

Ich bin aufgeregt und etwas unsicher, was mich erwartet. Ich habe lange nicht getanzt. Sophie setzt sich auf den Stuhl und sagt mir, ich solle erstmal in der Mitte des Raumes ankommen. Sie stellt die Musik an und ich merke, wie eine große Anspannung abfällt. Ich entfalte mich schneller als gedacht und nutze den Raum, um mich auszutoben. Tanze und wirble durch die weite Leere. Immer wieder während unserer Session stoppt Sophie die Musik, gibt mir Impulse und weitere Aufgaben.

„Tanze und wirble durch die weite Leere.“ – Nina Andre

Faszinierend, wie präzise sie mich und meinen Körper lesen kann. Sie beobachtet mich achtsam und gibt wertfreie Inputs, die mich ganz schön tief ergreifen. Ich bin schnell und ungeduldig in meinen Bewegungen. Ja, diese Art spiegelt auch mein Verhalten im Alltag wieder. Geduld ist nicht meine Stärke, gestehe ich mir ein. Sophie gibt mir verschiede Aufgaben zum Thema: Isolierte und kontinuierlich fließende Bewegungen der Körperteile und die Kunst, langsam zu tanzen und mir Zeit zu lassen. Dieses Spannungsfeld aus Bewegen und Halten ist eine neue Herausforderung für mich. Ich merke, wie ich hier an Grenzen stoße, die ich sonst erfolgreich vermieden habe. Ich mag das Gefühl, spielerisch neue Winkel meines Körpers und meiner Wahrnehmung zu erkunden.

Danach kommt das Thema Spiegel zur Sprache. Der Blick in den Spiegel ist für mich meist mit Makeln, Kritik und Verbesserung verbunden. Intuitiv schließe ich meine Augen beim Tanzen, um mich und die Musik besser zu spüren. An sich eine schöne Sache, aber es geht um die veränderte Beziehung mit dem eigenen Spiegelbild. Ich blicke mir selbst für einige Zeit in meine Augen. Dort erkenne ich viel Stärke und unterschiedliche Bedürfnisse. Meine lauten und leisen Aspekte sagen „Hallo“ und möchten gesehen werden. Vielleicht sehne ich mich gar nicht danach, den Raum zu erfüllen und mich wild auszudehnen. Ich sehne mich danach, all meine Anteile, auch die Leisen, Langsamen und Ruhigen, sowie die Lauten, Schnellen und Wilden nach Außen zu tragen. Ich möchte mich authentisch und selbst-bewusst zeigen.

Abschließend tanze ich noch einmal frei, wie zu Beginn der Stunde. Diesmal ganz anders als das impulsive, wilde Auslassen zum Anfang. Ich bin bei mir, verbinde schnell mit langsam und fühle mich unfassbar wohl in meiner Haut. Sophie ist auch begeistert. Wir strahlen uns an und ich spüre, wie mich eine Welle der Dankbarkeit überrollt.

Danke Sophie, für diese einzigartige Erfahrung, für deine Impulse und Denkanstöße. Diese Minuten mit dir werden mich noch einige Wochen und Monate begleiten.

Nina

*unbezahlte Werbung | Herzensempfehlung

Lust auf mehr?

Wenn ihr Lust auf eine Session mit Sophie in Wien habt, findet ihr hier mehr Info’s zu ihr und ihrer Vision. Egal ob mit oder ohne Tanzerfahrung, diese Begegnung ist einzigartig und super individuell auf eure Bedürfnisse abgestimmt.

Seit Juli 2022 bietet Sophie das 6-monatige transformative 1:1 Programm Secret Attraction an. Es geht, wie es der Name schon verrät, um all das anzuziehen, was mensch für sich selbst und das Leben wünscht. Der Slogan des Programms ist „From endless inner security and critique to abundant self love and clarity – learn what it takes to finally accept yourself, get rid of what holds you back, embrace your femininity and uplevel your life according to your visions!”.

Dieses Programm zeichnet sich durch die eben beschriebene, tiefe individuelle Begleitung aus. Die einzigartige Komponente ist die Verbindung von modernem Tanz, Seelenarbeit und mentaler Bestärkung. Dies ist auch ohne Sitz in Wien möglich – da die Option einer online-Begleitung besteht.

Damit wünsche ich Euch viel Spaß beim Tanzen und Bewegen. Bis bald!

Credits

Fotos –  Kerstin Hammerschmid, Laura Patricia Most

Text – Nina Andre

Amazone

Web – sophieoskar.com

Instagram – sophie_sou

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Außen

Nackt – oder nicht?

Ob ich Badebekleidung anziehen soll oder nicht kann mir niemand so richtig beantworten. Nicht einmal das schlaue Internet. Ich rede mit Einheimischen und bekomme unterschiedliche Ratschläge. Na toll. 

Da hilft nur eins: Feldforschung betreiben. Ich muss das ganze selbst erleben – hautnah sozusagen. Und das tue ich. Ich setze meinen schwitzenden Körper neben andere schwitzende Körper, beobachte und lerne. 4 Monate bin ich als Erasmus Studentin in Helsinki und beginne bereits nach einer Woche die Sauna zu lieben. In Finnland leben 5,4 Millionen Leute und es gibt zwischen 2 und 3 Millionen Saunen – also im Schnitt eine für zwei Leute. 

Unser Wohnheim hinkt da mit seinen nur zwei Stück im 9. Stock für einen Haufen internationaler Studierende vergleichsweise ganz schön hinterher. Aber nachdem dieses Erlebnis für die meisten von uns neu ist, kann es ihm niemand übelnehmen. 

Die wenigsten von uns, haben bereits Erfahrung gesammelt. In Deutschland war ich nie saunen. Das einzige Wissen, dass ich über deutsche Exemplare besitze speist sich aus den Berichten meiner Mum, die sich mehrfach beschwert hat, dass sie die ganzen nackten, alten Männern, die so starren nerven. Nacktheit ist an sich ja kein Problem für sie, aber halt eben nicht neben den alten, starrenden Männern… übrigens auch nicht neben den jungen, trainierten Typen– die stressen sie mit ihren strammen Körpern. 

In Finnland sind die Saunen nach Geschlecht getrennt, höre ich irgendwo. Das ist doch schonmal was. Da kann ich mich dann ganz entspannt mit all meiner Natürlichkeit hinhocken und schwitzen. Oder? 

In unserem Studierenden-Wohnheim gibt es 3mal die Woche Public Sauna, da wird getrennt und man geht nackt. Als ich das erste Mal mit meiner französischen und italienischen Mitbewohnerin gehen will, sind die beiden ganz entsetzt als ich ihnen in der Küche sage, dass ich keine Badebekleidung trage. Die Italienerin überlegt es sich plötzlich anders und geht wieder in ihr Zimmer, die Französin zieht sich ihren Bikini an und kommt danach nie wieder mit. 

4-mal die Woche ist Private Sauna – da bucht man die Sauna und kann dann einladen, wen man will. Da mischen dann alle munter durch und gehen nackt. Während wir am Anfang noch umständlich unsere Handtücher wie Togen um uns wickeln und beim Hinausgehen mehrfach fast gestolpert wären, lockert sich nach einiger Zeit die Stimmung sowie die Handtücher langsam bis wir nach 2 Monaten (fast) munter rein- und rausschlendern und uns im Schneidersitz hinsetzen. Ich höre wie ein schwuler Typ einem Mädchen sagt, dass ihr Po süß ist. Das ist keine sexuelle Belästigung, viel eher ein offener Umgang mit Nacktheit und sie freut sich über das Kompliment. Allerdings weiß ich nicht, wie sie sich fühlen würde, wenn der Kommentar von einem heterosexuellen Mann kommen würde… wahrscheinlich würde es die Situation ändern. Eben diese Typen sind sehr bedacht und vorsichtig was unser alle und aller Nacktheit betrifft. Ein Italiener öffnet einmal die Tür zum Vorraum während eines der Mädchen duscht. Total perplex haut er die Tür wieder zu, entschuldigt sich stammelnd, nur um kurz darauf wieder hineinzukommen und betont lässig an der Duschenden in die Sauna zu gehen. Ihr seht – gar nicht so einfach.

Winterlandschaft-blogartikel
Aber wir halten fest: wenn man mit Bekannten, Freundinnen und Freunden geht, dann sind alle nackt.

Öffentliche Saunen sind a little bit different. Es gibt solche, bei denen man Geld zahlt – also wie in einem deutschen Schwimmbad. Das ist generell getrennt und man ist auch da nackt. Manche haben tatsächlich auch ein angeschlossenes Schwimmbecken, in dem man dann wie Aphrodite nackt seine Bahnen ziehen kann, sehr angenehm. Auch wenn ich mich ein wenig frage, was der männliche Bademeister die ganze Zeit so guckt aus seinem Glashäuschen, aus dem er volle Sicht auf alle Damen hat. Zudem finde ich so eine binäre Aufteilung nach Geschlecht auch ziemlich veraltet – ich dachte wir wären im 21. Jahrhundert schon ein bisschen weiter mit Transgender. Aber vielleicht ist das nur in der Theorie so. Manchmal haben auch Gyms oder Unis oder andere Institute Saunen, wie Universitäten. Da kann es dann schonmal vorkommen, dass man neben Dozent*innen sitzt. Diese Saunen sind nicht immer getrennt und dann (!) bedeckt man sich mit Handtuch oder Badeklamotten. 

Es gibt aber auch öffentliche Saunen, die kein Geld kosten und freiwillig von Finnen und Finninnen betrieben werden und Zugang zum Meer haben. Das ist ziemlich cool in zweierlei Hinsicht – also nice und arschkalt. Dort sollte man nicht hingehen, wenn man Angst vor Scheidenpilz hat – man setzt sich nämlich auf Holzbänke, die in Schweiß schwimmen. Dort wird auch nix getrennt und man quetscht sich Körper an Körper neben alte, nackte Männer. Ja, Mama – hier sind sie die alten, nackten Männer. Was diese betagten finnischen Herren aber von den Deutschen unterscheidet ist, dass niemand starrt! Wirklich niemand! Sogar vor der Sauna im Freien stehen sie nackt herum, mit einem Bier in der Hand und Latschen an den Füßen – manche haben lustige Saunahüte auf. Allerdings muss ich sagen, dass hier hauptsächlich die Männer nackt sind, Frauen teilweise auch, tragen aber meistens zu mindestens ein Höschen. Ich würde sagen hier gilt der alt abgelutschte Spruch: Alles kann, nichts muss. Es ist also in Ordnung, wenn die Internationals lieber in Badeanzug kommen. 

So viel zum Dresscode im finnischen Schwitzhäuschen. Vielleicht hab ich ein bisschen Klarheit in die dunkle, feuchte Wärme gebracht, vielleicht hab ich auch nur für mehr Verwirrung gesorgt und dich zum schwitzen gebracht. Einerlei – in beiden Fällen habe ich etwas erreicht.

Matt-Seymour_unsplash
Zum Schluss will ich noch zwei Klischees bestätigen: 
  1. finnische Leute sind zwar ein bisschen zurückhaltender, was den normalen Betrieb im alltäglichen Leben betrifft, wenn man sich aber in der Sauna neben sie setzt, dann fangen sie plötzlich zu reden an und hören gar nicht mehr auf. Ich denke, dass sie da Tiefkühl-Spinat ein wenig ähneln – der muss ja auch erst auftauen, bevor er wirklich genießbar ist.
  2. deutsche Leute können in ihrem Unwissen ein bisschen zu ehrgeizig sein. Saunen tut man nicht, um allen zu zeigen, dass man länger und heißer kann, als die anderen. Das kann nämlich damit enden, dass die ein oder der andere nach ihrem/seinen ersten Saunagang im fremden Land erstmal in Ohnmacht fällt. Ist aber immerhin lustig im Nachhinein.

Lena Sammüller

 

pictures by
(1) Lassi | unsplash
(3) Matt Seymour | unsplash

portrait-lena-sammueller

Gerade noch so der jungen, hippen Generation Z zugehörend, sucht sich Lena Sammüller einen Weg durch den bunten und urbanen Dschungel des 21. Jahrhunderts. Fest davon überzeugt, dass es für viele konventionelle Dinge aufregende Alternativen gibt, seien es Bambuszahnbürsten, offene Beziehungen oder Permakultur, studiert sie derzeit Soziologie in München.

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Körper

Mein PMS & eine kleine Anleitung zur Selbststudie?

Als ich für meinen zweiten Artikel über das Thema prämenstruelles Syndrom (PMS) recherchierte, fiel mir auf, dass ich die Literatur insgeheim nach einem Heilmittel durchsuchte… Ich wollte was finden, was mir helfen könnte mein PMS ein für alle Mal loszuwerden. Als wäre PMS haben eine Krankheit, die es zu bezwingen gilt. Aber was – fragte ich mich dann – wenn PMS einfach dazugehört für manche Frauen dieser Welt – mich eingeschlossen? Kann ich mich mit dem Gedanken anfreunden, dass es gar keine Lösung gibt für dieses ständig wiederkehrende Problem

Vielleicht würde Linderung einkehren, wenn ich wüsste, was da genau jeden Monat auf mich zukommt, damit ich entsprechend reagieren kann? Denn obwohl ich mich jetzt schon mehr als die Hälfte meines Lebens damit rumschlage, so richtig befasst mit meinem PMS habe ich mich noch nie; und ich stelle jetzt mal die gewagte These auf, dass ich damit nicht alleine bin. In alter Wissenschaftsmanier also habe ich mit einer Feldstudie begonnen; als Forschungsobjekt nahm ich natürlich mich selbst und legte los mit Fragestellung Nr.1:

_ _Was genau ist eigentlich mein Problem in der lutealen Phase nach meinem Eisprung? 

Es gibt nämlich sage und schreibe 300 verschiedene Symptome, die auf PMS zurückzuführen sind; 20 davon werden als „Kernsymptome“ bezeichnet wie beispielsweise Stimmungsschwankungen, innere Unruhe, Brustspannen oder Müdigkeit. 
Sind die Symptome bei mir nur körperliche, oder merke ich auch psychisch eine Veränderung? Wichtig für mich war auch erst einmal zu unterscheiden, wo ich – und zwar ich allein – eine Problematik sehe und nicht meine Umgebung, die Gesellschaft, mein Partner oder sonst wer.

Um dem auf den Grund zu gehen, habe ich einen Tipp aus dem sehr speziellen Buch „Der rote Mond“ von Miranda Gray befolgt; nämlich drei Monate lang aufzuschreiben, was in mir vorgeht, welche Träume ich habe, welche Veränderungen ich an mir wahrnehme etc. 
Spannen meine Brüste? Bekomme ich Pickel und wenn ja, wo? Bin ich gereizt, weine ich schneller? Welche Themen beschäftigen mich? Habe ich Krämpfe, merkwürdige Gelüste? Die Liste ist endlos und der Phantasie ist keine Grenzen gesetzt. Drei Monate sind allerdings eine lange Zeit, ich habe mehrere Anläufe gebraucht und komplett lückenlos ist mein Logbuch bei weitem nicht, aber es war sehr interessant und schon fast lustig sich zu beobachten. Zu bemerken, dass da – pünktlich wie die Eieruhr – an Tag 21 ein Schalter umgelegt wird bei mir und KABOOM ich futtere wie ein Scheunendrescher und habe keinerlei Sättigungsgefühl oder KABOOM an Tag 23 weine ich schneller und spüre diese innere Spannung und Unruhe. 

Ich erkannte recht schnell ein Muster, aber was damit anfangen? Wenn ich es nicht ändern kann, was bleibt mir dann? Dieses „Akzeptieren und Loslassen“, von dem man in jedem 0815-Blog liest, funktioniert – bei mir zumindest – nicht. 

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_ _Also, was könnte mir persönlich denn helfen bei welchem Symptom?

Alle Behandlungsansätze gegen das PMS – sei es nun Akupunktur, Antidepressiva nehmen oder eine Ernährungsumstellung durchzuführen – haben eins gemeinsam: Sie helfen niemals ALLEN Frauen, die an den Studien teilgenommen haben. PMS ist multifaktoriell und wird von jeder Frau individuell wahrgenommen. Die Wissenschaft weiß bis heute nicht, was genau PMS verursacht; mit Sicherheit aber hat es mehrere Ursachen. 

Als ich nun meine kleine Symptomtabelle aufgestellt hatte, habe ich mich erstmal mit den körperlichen Reaktionen auseinandergesetzt. Gegen meine Krämpfe und Übelkeit am 1.Tag meiner Periode nehme ich täglich Eisen/Vitamin C, B12 sowie Omega3 in Form von veganen Kapseln. Gegen mein fettiges Haar zwischen Tag 16 und 20 hilft einfach öfter waschen, gegen das aufgebläht sein helfen Flohsamenschalen und weniger Milchprodukte verzehren. Fettige Haut wird mit milder Waschlotion bekämpft und Fressattacken werden einfach zugelassen und zelebriert. 

Schwieriger ist es mit der psychischen Komponente umzugehen. Denn a) muss man dafür wenigstens ein bisschen in Kontakt mit seinen Gefühlen sein und b) tut genaues Hinschauen manchmal auch ziemlich weh und ist unangenehm.

Nervt mich mein Partner wirklich nur, weil ich grad PMS habe oder passen wir einfach nicht (mehr) zusammen? Liege ich im Bett und weine mir die Augen aus, weil es grad „diese Zeit im Monat ist“ oder sitzt da die Verlustangst oder klopft das innere Kind an meine Tür der Erkenntnis? Man muss ehrlich zu sich sein und gucken, ob etwas Anderes dahintersteckt als „nur“ PMS.
Man kann für sich klären, ob man vielleicht Hilfe braucht, um diese Fragen auf den Grund zu gehen. Ich habe es getan und kann es jedem nur wärmstens empfehlen. Es ist sehr heilsam jemand professionellen in Form von Therapeut*in oder Coach*in an seiner Seite zu wissen, der/die einen unterstützt. 

Außerdem habe ich erst beim genauen Hinsehen festgestellt, wie kontrolliert ich von meinem Zyklus tatsächlich bin. Das hat mich erstmal extrem genervt! Ich fand es unfair, dass manche Frauen gar keine Rücksicht auf ihren Zyklus nehmen müssen und immer funktionieren.

Nachdem ich aber bemerkt hatte, wie gut es mir tut in dieser Zeit mehr auf meinen Körper zu achten und darauf was er will, habe ich mich damit arrangiert, dass ich erst auf meinen Zykluskalender schaue, bevor ich irgendetwas plane. In der 2. Zyklushälfte brauch ich kein Urlaub/Festival planen, Wildwasserraftingkurs belegen oder mit meiner Mutter telefonieren, weil ich dann nur Themen anspreche, bei denen wir uns mächtig fetzen und ich keine Kapazität dafür habe, jemand anderen aufzufangen. Wohingegen, wenn ich meinen Bedürfnissen nachgebe, ich mich besser fühle und das ist das Wichtigste.

Im Nachhinein betrachtet löste sich mein Haupt-Unbehagen in dem Moment auf, in dem ich nicht mehr ohnmächtig zusehen musste, wie mich die Welle namens PMS Monat für Monat für ein paar Tage überrollt. Selbstwirksam meine Situation zu verändern, gibt mir das Gefühl von Kontrolle zurück. Es ändert zwar nicht viel an meinen Symptomen, aber die Grundstimmung, mit der ich in mein PMS reinschippere, ist eine völlig andere!

Zum Schluss habe ich die oben genannten Tipps noch zu einer kleinen Anleitung zusammengestellt; vielleicht hilft es ja der ein oder anderen da draußen: 
  1. Überwache deinen Zyklus mittels App/Kalender
  2. Schreibe möglichst jeden Tag auf, wie dein Körper sich anfühlt. Wenn man „PMS Symptome Liste“ bei Google sucht, bekommt man schon den ein oder anderen Gedankenanstoß, aber selbst wenn dein Symptom nicht dabei ist…so what? Das heißt nicht, dass es nicht da ist! Schreib es gerne auf!
  3. Sortiere deine beobachteten Veränderungen in körperlich und/oder psychisch
    Mach dir zwei Listen, sortiere deine Symptome und reagiere symptombasiert. Bespreche dich mit deiner/m Gynäkologin/en; vielleicht hat sie/er ja einen Rat? Wenn er/sie dich in deiner Suche nicht ernst nimmt oder nicht unterstützt, wechsle die Praxis!
  4. Probiere einfach ein bisschen herum. Es gibt so viele unterschiedliche heilende und unterstützende Mittel: Schüsslersalze, Antidepressiva, Tees, Pflanzenheilkunde, Spurenelemente, Akupunktur, Schröpfen, Sport machen, faul sein… Schau einfach, wie es dir dabei geht. (Wenn du magst, lies meinen ersten Artikel zu dem Thema durch, da hab ich ein paar hilfreiche Hinweise ausführlicher besprochen).
  5.  Sei ehrlich und liebevoll zu dir selbst: 
    Ich weiß, das klingt abgedroschen, aber es hilft! Wenn du die Notwendigkeit siehst, suche dir „professionelle Hilfe“/jemanden, mit dem du dich auf die Reise in dein Innerstes machen willst. Es wartet so viel auf dich! Schau hin, was dir deine Gefühle zu sagen haben. Sei mutig und lebe sie aus! Weinen unterdrücken oder Wut zurückhalten kostet so viel Energie. Kurz mal einen Karton zertreten, in ein Kissen schreien oder zu weinen ist schneller vorbei als man denkt.  Geh Sport machen oder auch Wildwasserrafting meinetwegen, aber sei liebevoll zu dir, wenn du nicht performen kannst oder die Angst zu groß ist. Denn, attention please, abgedroschene Weisheit numero due: Es geht vorbei!

Viele Grüße
Eure Annabel

  • Omega-3: 1 Kapsel täglich à 50 mg Omega-3 Fettsäuren/Kapsel (250mg DHA und 125mg EPA)
  • B12: 500µg Vitamin B12
  • Eisen/VitC: 20mg Eisen aus Eisenbisglycinat und 40mg natürlichem Vitamin C
  • CERES Alchemilla Urtinktur

Quellen

  • Halbreich et al., 1982: The diversity of premenstrual changes as reflected in the Premenstrual Assessment Form
  • Hamilton et al., 1984: Premenstrual Mood Changes: A Guide to Evaluation and Treatment 
  • Halbreich et al., 2003: The etiology, biology, and evolving pathology of premenstrual syndromes
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Eine kleine Berührung

Samt reflektiert das Licht der Wohnzimmerlampe auf deinen Körperzellen. Etwas ehrfürchtig betrachte ich deinen Arm, deine Finger, die auf dem weichen Sofa ruhen. Vorsichtig strecke ich meine Hand aus und lege sie auf dein Bein, auf deine Schulter, an deine Wange. Unsere Körper berühren sich. Wir haben keinen Sex, wir berühren uns einfach. Mein Gesicht an deiner Brust, deine Füße an Meinem, meine Zunge in deinem Mund. So vorsichtig drückst du dich an mich, als hättest du Angst ich würde zerbrechen. Ganz sanft lehne ich mich an dich. So unschuldig fühlen wir uns.

Ich lache und umarme euch beide. Zusammen fragen wir uns, wieso wir uns im Alltag nicht berühren können. Warum wandeln wir so distanziert durch unsere urbanen Lebenswelten, so blasiert und kühl? Was erwarten wir, mit unseren starren Blicken in den Menschenmengen zu entdecken? Dicht gedrängt aneinander bewegen wir uns wie Maschinen, wie tote Fische gleiten wir im grauen Strom der Stadt aneinander vorbei. Ich verzehre mich nach Nähe und nach Küssen. Ich will Wärme. Ich will Berührungen. Ich will berühren und berührt werden.

Respekt und Lust müssen sich nicht ausschließen. Mit jemandem zu sein, ist mehr als dieses Wort aus drei Buchstaben. Ich will dieses Knistern in mir spüren und es mit dir teilen. Ich will deinen Herzschlag fühlen und ihn dem Takt meines pulsierenden Blutes anpassen. Ich will mich mit Menschen verbinden, mit meinem Körper kommunizieren, meine Gliedmaßen sprechen lassen. Ich will in eure Augen blicken, ohne ständig Worte von mir geben zu müssen. Ich will euren Geruch einatmen und mich einfach fallen lassen. Gemeinsam können wir fallen. Oder schweben. Ich strebe gar keinen bestimmten Ort an, kein Ziel. Meine Destination ist die Gegenwart und nicht das Irgendwo. Ich will mich frei machen, frei sein von Verantwortung. Warum gehen Küsse immer mit Verpflichtungen einher? Warum habe ich immer diesen bitteren Nachgeschmack eines Versprechens in meinem Mund, nachdem ich ihn von deinem löse? Manche Umarmungen fühlen sich dann an wie ein Käfig, der mich hindert meine Flügel auszubreiten. Ich will vorwärtskommen. Ich will meine Haut an deine legen, will mit meinen Fingern die filigranen Linien um deinen Hals entlang zeichnen. Ich will dein Glühen einatmen und dir sagen: „Schau! Wie unser Schweiß in der Nacht glitzert.“ Und morgen, wenn der neue Tag beginnt, will ich deine Wohnung verlassen und mit jemand anderem schwimmen gehen.

Wahrscheinlich bin ich nicht fair. Ich verhalte mich egoistisch und selbstbezogen. Ich verlange Aufmerksamkeit und nachdem ich sie erhalten habe, stoße ich sie wieder von mir. Nehmen und Geben.

Dennoch frage ich mich, wer genau ist es, der nach Monogamie verlangt? Welche Person hat sich dieses Prinzip von ewiger Treue ausgedacht? Denn was ist schon Treue? Treu bin ich jemanden, wenn ich sie oder ihn respektiere. Treu mir selbst gegenüber bin ich, wenn ich mich nicht einschränke. Ich respektiere euch alle, sehr sogar. Warum soll Nähe so endlich sein? Warum muss ich mich für dich und gegen jemand anderen entscheiden? Warum darf ich nicht euch beide lieben und von euch beiden gleichermaßen geliebt werden? Warum können wir uns nicht berühren, unsere grazilen Körper voneinander kosten lassen, ganz unverbunden und ehrlich? Ich wünsche mir unschuldige Nähe. Ich wünsche mir zarte Berührungen. Ich wünsche mir Haut.

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Mit diesem Text gelingt es mir zum ersten Mal meine Gefühle in Worte zu fassen, ohne mich dafür schämen zu müssen.

 Ich habe mich fünf Jahre lang beziehungsuntauglich genannt, habe allen erzählt, dass ich Komplexe habe. Ich verzehrte mich nach sexuellen Erfahrungen und war extrem eingeschüchtert von der Nähe, die mir geschenkt wurde. Gefangen in einem ständigen Kampf aus zu viel und zu wenig Aufmerksamkeit taumelte ich durch das Liebesleben und dachte etwas stimme nicht mit mir. Ich habe das gleiche geglaubt, wie alle mit denen ich darüber gesprochen habe: der Richtige müsse nur kommen… Prince Charming warte irgendwo da draußen und mit ihm würde die feste Beziehung schon funktionieren und sich meine Sichtweise verändern. Ich müsse einfach meinen Seelenpartner finden. Tschack! Und dann würden sich all meine Probleme in Luft auflösen.

Irgendwo da draußen auf diesem Erdenball mit fast 9 Milliarden anderen Menschen findet sich also diese oder dieser jemand.

Wir wandeln durch unser Leben, auf der Suche nach der einen, an die wir uns binden können. Nichts wird uns von dem einen trennen können, wir werden gemeinsam Kinder bekommen, unsere Finanzen zusammenlegen, uns gegenseitig befriedigen und bekochen. Und vor allem werden wir niemand anderen mehr begehren. Unsere Küsse und Liebkosungen, unsere Orgasmen sind nur noch für diese eine Person bestimmt. Die Ehe ist ein Vertrag, der das Zusammenleben zweier Menschen bestimmt und die Liebe wird dabei rudimentär zusammengeschnitten und in ein ganz bestimmtes Lebenskonzept gepresst. Das ist das Happy End, das die meisten von uns anstreben – ein „bis auf, dass der Tod uns scheidet“, so wie wir es aus Geschichten und Disney Filmen kennen. Die harte Realität sieht es etwas anders aus: Ehen werden geschieden, Menschen betrügen ihre bessere Hälfte, weil sie mit jemand anderem schlafen. Die rosa Bubble der Monogamie scheint am bunten Alltag zu zerplatzen. Warum also halten wir so vehement an einem Konstrukt fest, das ursprünglich aus wirtschaftlichen Gründen entstanden ist?

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Diejenigen von uns, die nicht heiraten wollen, leben die serielle Monogamie aus: sie wechseln ihre Partner*innen – sind dabei aber immer an eine einzige Person mit ihrem Sexual- und Liebesleben gebunden. Warum muss Liebe etwas Endliches sein, eine „Mangelware“ in Easton&Hardy´s Worten ausgedrückt? Warum kann sich Partner*innenschaft nur auf eine einzige Person richten? Und warum ist Sex dabei eine so rare Ware? Sind sich nicht die meisten einig darin, dass Geschlechtsverkehr etwas sehr Schönes sein kann? Und doch wird das mit-anderen-Leuten-Schlafen als moralisch verwerflich stigmatisiert, wenn es nicht unter den heiligen Laken der Partner*innenschaft geschieht. Kann ich nicht verschiedene Leute lieben, mehrere Partner*innen haben und mit unterschiedlichen Menschen schlafen?

Vielleicht ist diese Frage zu krass.

Vielleicht ist eine Festlegung auf ein klares Nein aber auch gesellschaftlich vorbestimmt. Es kommt von der Internalisierung ganz bestimmter Rollenerwartungen. Monogamie ist ein Gesellschaftskonzept, dass wir durch unsere Sozialisation erlernt haben (vgl. Easton & Hardy, 78 f.). Wir sind von Kindestagen an nichts anderes gewohnt: wir kennen Mama und Papa, Oma und Opa. Wir warten auf unsere erste Beziehung, das erste Mal (das bitte etwas besonders sein soll – aber bei wer oder wem war es das schon?). Sex und Partner*innenschaft werden verheiligt. Wir sind überhaupt nichts anderes gewohnt, weil wir nichts anderes kennen gelernt und ausprobiert haben. Und wie können wir dann von uns sagen, dass wir das andere nicht mögen? Wer noch nie Vanille probiert hat, kann natürlich ihr oder sein Leben lang behaupten Schoko sei die bessere Wahl – wirklich wissen kann er oder sie es nicht.

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Ich will hier nicht die Monogamie an sich verteufeln – und damit einhergehend Alle, die glücklich in einer monogamen Beziehung leben. Ich will aber behaupten, dass es nicht das einzige Liebeskonzept ist, dass wir leben können. Polyamorie ist auch nicht als Gegenstück dazu zu verstehen: als Yin zum Yang. Wir reden hier nicht von einem Schwarz-Weiß Konzept – viel eher von einer unglaublich großen Palette an Schattierungen, von so vielen unterschiedlichen Abenteuern. Das wichtigste bei jeder dieser Lebens- und Liebensformen, die wir mit uns und anderen eingehen ist die Ehrlichkeit: ein Seitensprung unterscheidet sich von einer offenen Beziehung durch die respektvolle Kommunikation und das Einverständnis aller. Ehrlich sollten wir unseren Mitmenschen, aber auch uns selbst gegenüber sein können. Und solange ein Konzept niemanden schadet und andere in ihrem Leben bereichert, spricht nichts dagegen, oder?

Lena Sammüller

 

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photos by Luca Werner 

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Gerade noch so der jungen, hippen Generation Z zugehörend, sucht sich Lena Sammüller einen Weg durch den bunten und urbanen Dschungel des 21. Jahrhunderts. Fest davon überzeugt, dass es für viele konventionelle Dinge aufregende Alternativen gibt, seien es Bambuszahnbürsten, offene Beziehungen oder Permakultur, studiert sie derzeit Soziologie in München.